Freitag, 13. Mai 2011

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Thema: Mittendrin im Gemeindebau

Künstler-Köpfe im Gemeindebau

Serie Teil 13: Abseits aller Klischees vom klassischen Bewohner tummelt sich kreatives Volk im Gemeindebau.

Letztes Update am 12.05.2011, 15:02

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KURIER/Schraml Wilhelm Im Reumannhof steigt eine Modeparty
Normalerweise gruppiert sich die Kreativszene Wiens in hippen Straßenzügen. Büros, Studios und Ateliers schießen in der Schleifmühlgasse, rund um Yppenplatz und Karmelitermarkt wie die Schwammerln aus dem Boden. Aber es geht auch anders. Im Zuge der Gemeindebau-Serie holt der KURIER Menschen vor den Vorhang, die das Bobo-Umfeld gerne gegen Authentizität und Bodenständigkeit eintauschen. Und dabei trotzdem Ideen haben.

Der Verbindung von Mode und Gemeindebau hat sich auch das Gemeindebau-Festival gewidmet - mit Fotoprojekten, Kunst-Aktionen und temporären Shops. Der Abschluss wird am Samstag ab 17 Uhr im Reumannhof (5., Margaretengürtel 100-110) mit einer Party gefeiert: Bei einer Modenschau werden die Helden des Gemeindebaus mit ihren vielen Bekleidungsstilen und Talenten auf den Laufsteg gebeten. In Kombination mit Kollektionen von sechs Modedesignerinnen entsteht eine Momentaufnahme der aktuellen Trends in Wien.


Ottakring: Milchringe und Malereien

Deutsch Gerhard Die Künstler: Jörg Gottschalk (li.) und Grisha MorgensternLaut ächzen die Rollläden, geben schließlich nach und lassen Tageslicht ins Ottakringer Künstleratelier im Gemeindebau. Die Spuren verraten: Hier sind kreative Menschen am Werken. Allen voran Jörg Gottschalk, der in diesem Raum sein Kunstprojekt "Milchring" betreibt und weiterentwickelt. Gottschalk arbeitet eigentlich als Architekt, in seiner Freizeit widmet er sich aber seiner "Obsession". Aus aller Herren Länder schicken Sammelwütige die kleinen Laschen von Milchpackerln, also die Milchringe.

Gottschalk macht daraus Schmuck und experimentiert mit der Form. "Ich gebe einem Ding Bedeutung, das vorher niemand wahrgenommen hat", erklärt der Dresdner. Mehr als 30.000 Milchringe hat der Künstler bis jetzt gesammelt. An der Wand lehnen großformatige Malereien. Inzwischen ist auch Grisha Morgenstern eingetroffen und spricht über seine Kunstwerke: "Ich bin Werber, habe aber Kunst studiert und male jetzt hier nebenbei in diesem Atelier. Meine Seele braucht das zum Leben." Morgenstern kann bereits auf Ausstellungen im Centre Pompidou in Paris und im MAK in Wien zurückblicken. Über die Gemeindebau-Bewohner in Ottakring sagen die beiden kreativen Köpfe: "Es sind alle sehr nett, haben auch prinzipielles Interesse, aber null Bezug zu dem, was hier in diesem Raum passiert." Kein Problem, die Künstler erklären ihre Arbeit gerne.


Hietzing: Ruderleiberl und Jogginghosen

Die Modemacherinnen: Ida Steixner und Lena Krampf Die Modemacherinnen: Ida Steixner (li.) und Lena KrampfDie Inspirationsquelle liegt auf der Hand. Für die aktuelle Sommerkollektion namens "Gemeindebau" war das Designerinnen-Duo "meshit" direkt an den Brennpunkten unterwegs. "Uns interessieren die Fashion-No-goes, Mode im Stil der 1980er- und 1990er-Jahre", sagt Ida Steixner. Sie und Lena Krampf lernten einander an der Modeschule in Hetzendorf kennen und betreiben seit 2009 ihr eigenes Label. "Dabei geht es uns keinesfalls um eine Verarschung, wir finden diesen Stil cool, besonders wenn tatsächlich Leute auf der Straße so angezogen sind."

Nicht nur die Kollektion passt namentlich ins Bild. Bis vor Kurzem arbeiteten die beiden auch in einer Wohnung in einem Gemeindebau in Hietzing, nun lebt Lena Krampf dort. Ruderleiberln, Blumenleggings, bauchfreie Tops und die obligatorische Jogginghose sind die Klassiker der Kollektion, die übrigens auch schon international für Aufsehen gesorgt hat. Die britische Modekette "Topshop" hat bereits acht Teile geordert. "Natürlich haben wir die Mode aus dem Gemeindebau für unsere Kollektion ein wenig adaptiert, gängigere Farben und tragbare Schnitte gewählt. Wir haben nichts kopiert", sagen die meshit-Mädels. Leben können die zwei derzeit noch nicht von ihrer Arbeit, aber das soll sich demnächst ändern. Jetzt bleibt zumindest noch hin und wieder Zeit für eine kleine Schaffenspause im grünen Hof des Gemeindebaus.

Neubau: Fotografien und Medienkunst

KURIER /gnedt martin Die Kreativen: Hinnerkopf, Tremmel, Tsitsos und Possert (v. li.)Quer durch den Innenhof und rein in die kleine Oase. Sieben Künstlerinnen und Künstler teilen sich das Atelier im Erdgeschoß des Gemeindebaus in der Neustiftgasse. Und das völlig reibungslos. Vier sind zum Gespräch gekommen, darunter Fotografin Magdalena Possert: Den großen Raum, das Studio also, nutzt sie regelmäßig für ihre Shootings. Und wenn es das Wetter erlaubt, wird gerne auch mal der Innenhof zum Hintergrund. "Für viele von uns ist dieses Atelier nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch ein Rückzugsort, an dem man Ideen entwickelt und sich austauscht", sagt Possert.

Seit November 2010 arbeiten die sieben zusammen, bis jetzt hat es noch keine Streitereien gegeben. Auch Paris Tsitsos kommt immer wieder zum Fotografieren in die Neustiftgasse. Außerdem nutzt der Industriedesigner die Zeit, um sich mit Harald Tremmel, der ebenfalls auf diesem Gebiet tätig ist, auszutauschen. "Es ist eine gute Mischung hier, viele kreative Menschen, die sich gegenseitig unterstützen, helfen, aber auch kritisieren", sagt Tremmel.
Daniel Hinnerkopf marschiert nie ohne seinen Laptop ins Atelier. Der Digitalkünstler arbeitet hier an Musik und 3-D-Animationen.

Einige Gemeindebau-Bewohner haben sich erstmals bei der Eröffnung bemerkbar gemacht, eine habe sogar einen Kuchen mitgebracht, erinnern sich die vier, und: "Man sieht hier sehr natürliche Menschen."

Letztes Update am 12.05.2011, 15:02

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Artikel vom 12.05.2011 14:00 | KURIER | Claudia Stelzel-Pröll | « zurück zu Wien


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