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Warum ein Medikament nicht bei jedem wirkt

Studie - Neue Erkenntnisse der Forschungsgruppe von Markus Hengstschläger.

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Viele Krebspatienten profitieren deutlich von ihnen: Bestimmte Medikamente, die die Aktivität des Enzyms mTOR hemmen. Dieses Enzym spielt eine Rolle bei der Zellteilung und dem Zellwachstum - eine Überaktivität fördert die Tumorbildung. Doch nicht bei jedem Patienten wirken diese Präparate und weltweit sind große Studien in Gang, um die Ursachen dafür herauszufinden.

Die humangenetische Forschungsgruppe von Univ.-Prof. Markus Hengstschläger (Vorstand des Institutes für Medizinische Genetik der MedUni Wien) hat jetzt eine wahrscheinliche Ursache dafür entdeckt. Ihre Studie wurde in dem international renommierten Top-Journal Oncogene veröffentlicht. Von den Ergebnissen könnten in Zukunft noch mehr Patienten profitieren.

Bisher ging man davon aus, dass die Aufgabe von mTOR nur ist, die Funktion eines weiteren Enzyms (die Kinase S6K) in der Zelle zu regulieren. "Wir haben jetzt aber entdeckt, dass mTOR auch dafür verantwortlich ist, wo in der Zelle sich diese Kinase befindet." Im Normalfall ist dies je zur Hälfte der Zellkern und die Zellhülle (Zytoplasma). Anders ist dies bei einer Überaktivität von mTOR: Dann kann sich dieses Verteilungsmuster ändern - etwa zu viel im Kern und zu wenig im Zytoplasma. "Man geht aber davon aus, dass die Medikamente nur dann wirken, wenn es ihnen gelingt, diese falsche Lokalisation wieder rückgängig zu machen."

Individuell Ob das die Medikamente können, weiß man derzeit aber nicht. Hengstschläger: "Und man müsste es sich auch für jede einzelne Krankheit anschauen."

Fazit: "In Zukunft sollte vor der Verabreichung dieser Medikamente mit molekularen Tests geklärt werden, ob überhaupt eine Wirkung zu erwarten ist. Also ob die Kinase S6K an ihrem richtigen Platz in der Zelle ist - und wenn nicht, ob mit dem Medikament ihre richtige Lokalisation wieder hergestellt werden kann."

Damit könnte man eines Tages vielen Patienten unnötige Nebenwirkungen ersparen. "Und man würde auch Zeit gewinnen, weil man bei Hinweisen auf eine Wirkungslosigkeit wesentlich früher auf eine andere Therapie umsteigen kann."

Studien wie diese würde einen großen Beitrag auf dem Weg hin zu einer individualisierten Medizin leisten, betont Genetiker Hengstschläger: "Diese zielt darauf ab, zielgerichtet Medikamente nur jenen Patienten zu geben, denen sie auch - bei möglichst geringen Nebenwirkungen - tatsächlich helfen." Einzelne Beispiele dafür gibt es schon: So wird ein bestimmtes Medikament gegen Brustkrebs nur dann eingesetzt, wenn eine spezielle Gen-Mutation vorliegt - andernfalls wirkt es nämlich nicht.