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Beauftragter für Kultur und Medien

EU-Fernsehrichtlinie auf audiovisuelle Mediendienste erweitert

Frau beim fernsehen im Büro Fernseher tv
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Foto: REGIERUNGonline / Steins
Jugend- und Verbraucherschutz stehen im Mittelpunkt der neuen Fernsehrichtlinie
Die EU-Medienminister haben sich Mai 2006 unter Vorsitz von Staatsminister Bernd Neumann auf einen Gemeinsamen Standpunkt zur Revision der Fernsehrichtlinie geeinigt. Die neue Richtlinie schafft die Voraussetzungen für den freien Austausch von Mediendiensten innerhalb der Europäischen Union. Sie ist seit dem 12.07.2010 durch den 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sowie Änderungen im Telemediengesetz und im Vorläufigen Tabakgesetz in nationales Recht umgesetzt worden.
Unter deutscher Ratspräsidentschaft wurde damit die notwendige rechtliche Basis für ein ökonomisch erfolgreiches privates Fernsehen geschaffen.
 
Staatsminister Bernd Neumann, der die Verhandlungen in Brüssel leitete, erklärte: "Dies ist ein sehr wichtiger Schritt für das Fernsehen und die neuen audiovisuellen Mediendienste in Europa. Mit der neuen Richtlinie gestalten wir einen stabilen europäischen Regelungsrahmen, der das Wachstum dieser Branche wirksam unterstützen wird. Ich freue mich, dass dieses Kernstück der europäischen Medienlandschaft unter deutscher Ratspräsidentschaft unter Dach und Fach gebracht werden konnte."
 
Die EU-Kommission hatte im Dezember 2005 einen ersten Vorschlag für die Revision der Fernsehrichtlinie vorgelegt. Ziel war es, einen Binnenmarkt für alle audiovisuellen Mediendienste herzustellen und damit den Anwendungsbereich der bestehenden Richtlinie zu erweitern. Ende 2006 legten Europäisches Parlament und Rat ihre jeweiligen Positionen fest. Mit der am 24. Mai erzielten Einigung konnten die Auffassungen der drei europäischen Institutionen zusammengeführt werden.
 

Einschränkende Werberegelungen und Produktplatzierung 

 
Die quantitativen Werberegelungen sind auf ein Mindestmaß begrenzt und flexibler gestaltet. Die tägliche Werbezeitbegrenzung wird aufgehoben, die bisherige Werbe-Obergrenze von zwölf Minuten pro Stunde bleibt erhalten. Dies bietet den privaten Fernsehanbietern eine sichere Basis für ihre weiteren kommerziellen Aktivitäten. Ein breites werbefinanziertes Informations- und Unterhaltungsangebot bleibt dabei erhalten.
 
Im Bereich der Produktplatzierung konnte sich Deutschland mit seiner Forderung nach einem vollständigen Verbot zwar nicht durchsetzen. Dennoch wurde ein akzeptabler Kompromiss erzielt, der den Verbraucher durch Kennzeichnungsverpflichtungen schützt. So muss die Produktplatzierung am Anfang und am Ende eines Programms und nach jeder Werbeunterbrechung klar gekennzeichnet sein. Die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit der Mediendiensteanbieter bleibt dabei weiterhin gewährleistet. In Kinderprogrammen, Nachrichtensendungen und anderen Informationssendungen wird eine Produktplatzierung grundsätzlich ausgeschlossen. Der Richtlinientext stellt außerdem klar, dass bezahlte Themenplatzierung auch in Zukunft verboten bleibt.
 

Regelungen zum Schutz von Kindern

 
Auch Regelungen zum Schutz von Kindern vor Werbung für ungesunde und ungeeignete Lebensmittel und Getränke finden Eingang in die Richtlinie. Sie nehmen die werbetreibende Wirtschaft wie auch Fernsehanbieter und Anbieter von neuen audiovisuellen Diensten gleichermaßen in die Verantwortung.
 
Die neue Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zudem, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die audiovisuellen Mediendienste schrittweise für Hörgeschädigte und Sehbehinderte zugänglich werden.
 

Rechtssicherheit für alle audiovisuellen Mediendienste

 
Auch für die neuen audiovisuellen Mediendienste muss die notwendige Rechtssicherheit für eine europaweite, erfolgreiche Entwicklung bestehen. Zentralen Elementen wie Jugendschutz, Schutz der Menschenwürde, kulturellem Reichtum und Meinungs- und Informationsvielfalt wird hierbei besonders Rechnung getragen. So enthält die Richtlinie eine Reihe grundlegender Regelungen, die zukünftig von allen audiovisuellen Mediendiensten eingehalten werden müssen – und zwar unabhängig davon, wie die Inhalte übertragen und wo und wie sie genutzt werden.
 
Eine besondere Rolle für Deutschland spielte bei den Verhandlungen die Möglichkeit der Sperrverfügung für Abrufdienste. Mit ihr können Mediendienste gesperrt werden, wenn sie den geltenden Anforderungen im Bereich des Jugendschutzes und des Schutzes der Menschenwürde nicht Rechnung tragen. Sie betrifft so genannte nicht-lineare Dienste, die auf individuellen Abruf hin erbracht werden (z.B. "Video on Demand"). 
 

Rasante Entwicklung der audiovisuellen Landschaft

 
Eine Anpassung der bestehenden EU-Fernsehrichtlinie war in Anbetracht der schnellen technischen und wirtschaftlichen Entwicklung notwendig geworden. Als die Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" 1989 verabschiedet wurde, gab es in der EU nur rund 100 Fernsehkanäle. Demgegenüber steht dem Zuschauer heute europaweit eine Vielzahl neuer Angebote zur Verfügung.
 
Diese Entwicklung wird sich insbesondere für das Fernsehen über Internet rasant fortsetzen: Nach einer Anfang 2007 im Auftrag der EU-Kommission veröffentlichten Studie werden die Umsätze aus digitalen Online-Inhalten in Europa bis 2010 voraussichtlich auf insgesamt 8,3 Milliarden Euro steigen. Zudem wird die Umstellung von analogem auf digitales Fernsehen zwischen 2010 und 2014 europaweit nahezu vollständig abgeschlossen sein.
 
Mit der neuen Richtlinie werden günstige Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicherheit für die europäischen Unternehmen und Dienste im Bereich der audiovisuellen Medien sichergestellt. Dabei wird auch der Achtung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt Rechnung getragen.
 
Das Europäische Parlament hat die neugefasste Fernsehrichtlinie im Herbst 2007 verabschiedet. Sie ist am 19. Dezember 2007 in Kraft getreten.
 
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am
13.07.2010.
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