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11.06.2011

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Ausland
EHEC: Was Deutschland von Japan lernen kann
Warnung trotz Unsicherheit

So hat Japan den EHEC-Erreger bekämpft

In Japan erkrankten 1996 plötzlich Tausende Menschen an Durchfall. Das Gesundheitsministerium warnte vor Rettichsprossen, und das obwohl sich der Verdacht im Labor nicht erhärten ließ. Auch heute ist ein Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums noch überzeugt, dass die Warnung richtig war.

von Peter Kujath, ARD-Hörfunkstudio Tokio

In Japan konnten während der EHEC-Epidemie 1996 im Labor keine Erreger nachgewiesen werden. (Foto: dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: In Japan wurden während der EHEC-Epidemie im Labor keine Erreger nachgewiesen. ]
Es war im Juli 1996, als 9492 Menschen im Großraum Osaka plötzlich an Durchfall erkrankten. Angesichts der vielen betroffenen Kinder gerieten die Schulküchen schnell in Verdacht. E.coli O 157 lautet die offizielle Bezeichnung des stäbchenförmigen Bakteriums, das wenig später auch in weiteren Teilen Japans auftrat. Insgesamt 10.322 Patienten mussten behandelt werden, 8 Menschen starben.

"Da die meisten Erkrankten das gleiche gegessen hatten, kamen nur die Sprossen von weißem Rettich infrage. Es gab eine Firma, die diese an die Schulküchen ausgeliefert hatte und unter anderem auch in ein Altersheim. Dort waren ebenfalls Durchfall-Erkrankungen aufgetreten. Wir haben deshalb die Sprossen und das Wasser dieser Firma sehr genau untersucht. Aber unsere Testergebnisse waren negativ", erklärt Satoshi Takaya, Leiter der Gesellschaft für Lebensmittelhygiene in Japan.

Laboranalysen mit Hindernissen

Damals war Takaya noch im Gesundheitsministerium für den Fall zuständig. Kaiwaredaikon, die Sprossen des weißen Rettichs, blieben aber der Hauptverdächtige als Träger des EHEC-Bakteriums O 157.

"Kaiwaredaikon werden in einer Nährlösung mit viel Wasser angepflanzt. Daher ist es sehr wichtig, dass es immer ordentlich desinfiziert wird. Bei dieser Firma hat man einfach nach Gefühl Chlor in den Brunnen hineingeschüttet und die Werte nicht kontrolliert." Als die Beamten das Wasser testen wollten, sagt Takaya weiter, hätte die Firma extra viel Chlor hinein gegeben, sodass es nicht mehr überprüfbar gewesen sei. "Es war aber angesichts des Wertes klar, dass dieses Wasser viel zu stark gechlort war, als dass man damit noch etwas hätte anbauen können. Unser Verdacht hatte sich also erhärtet."   

Die Warnung kam mit dem Verdacht

Das Gesundheitsministerium veröffentlichte daraufhin eine Warnung, obwohl E.coli O 157 bei der Firma nicht direkt nachgewiesen werden konnte. Die Japaner verzichteten für die nächsten Jahre auf den Verzehr von Kaiwaredaikon und viele Sprossen-Bauern gingen bankrott. Wegen dieser zu allgemein gehaltenen Warnung klagten viele der betroffenen Farmer. In letzter Instanz verlor der japanische Staat 2003 den Prozess um Schadensersatz. Die verschärften Hygiene-Bestimmungen zeigten jedoch Wirkung.

Molekular-biologischer Schnelltest für den Nachweis von EHEC-Bakterien (Foto: dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Obwohl die Labortests negativ waren, hat die japanische Regierung vor Sprossen als EHEC-Quelle gewarnt. ]
"Dafür ist das Landwirtschaftsministerium zuständig. Die Sprossen-Bauern müssen strikte Vorschriften befolgen, wie die Samen zu desinfizieren sind, wie das mit dem Dünger ist und was die Wasserqualität angeht." Das Gesundheitsministerium habe in großen Kampagnen die Großküchen und Verbraucher auf die Gefahren aufmerksam gemacht, erklärt Takaya. "Und das Bildungsministerium hat die Schulen angewiesen, dass alles, was roh verzehrt werden soll, vorher in Wasser mit 200 Milligramm Chlor pro Liter gereinigt werden muss."

"Auch das Wasser, den Dünger oder die Erde genau untersuchen"

Satoshi Takaya, damals im Gesundheitsministerium für die Bekämpfung zuständig, ist davon überzeugt, dass man seitens des Staates alles richtig gemacht habe. Die Zahlen geben ihm recht. Seit 1996 sind keine Todesfälle in Zusammenhang mit dem E.coli-Bakterium O 157 mehr aufgetreten. Bis vor kurzem in einer Restaurant-Kette nach dem Verzehr von Yuke, einem Gericht aus rohem Fleisch, vier Menschen an Durchfall-Erkrankung starben. Auf den aktuellen Fall in Deutschland angesprochen ist Satoshi Takaya vorsichtig.

"Was die Situation in Deutschland angeht, so weiß ich natürlich zu wenig. Aber aufgrund unserer Erfahrung mit den Rettich-Sprossen kann ich sagen, dass man nicht nur die Samen, sondern auch das Wasser, den Dünger oder die Erde genau untersuchen sollte."

Stand: 08.06.2011 17:06 Uhr
 

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