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11.06.2011

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Reportage: Explosives Machtvakuum im Jemen
Reportage aus dem Jemen

"Sanaa - das ist die Hölle"

In Jemens Hauptstadt Sanaa könnte es richtig schön sein, wären da nicht die Schüsse in der Nacht und die Toten, die morgens auf der Straße liegen. Niemand weiß, ob es sich um Gegner oder Anhänger des Regimes handelt. Der Clan von Präsident Saleh versucht sich derweil, an der Macht zu halten.

Von Martin Durm, ARD-Hörfunkstudio Kairo, zzt. Sanaa

Sanaa bei Nacht - richtig schön könnte es sein hier oben im jemenitischen Bergland. Das Mondlicht fällt auf die kahlen Gebirgskämme und auf die Minarette der Hauptstadt unten im Talkessel. Was etwas stört, sind die Hunde, die auf den Straßen rumstreunen und die Muezzine anbellen. Und es stören die Schüsse, die man nachts manchmal hört.

Ein Anhänger von Scheich Sadik al-Ahmar mit einem Gewehr (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Ein Anhänger von Scheich Ahmar bei Kämpfen in Sanaa. ]
Am nächsten Morgen werden im Stadtviertel Hassaba zehn tote Männer gefunden, erschossen liegen sie auf der Straße. Niemand weiß, ob es sich dabei um die Opfer von Scharfschützen handelt, mit denen das Regime die Stammeskrieger des oppositionellen Ahmar-Clans in Hassaba bekämpft. Oder ob umgekehrt Ahmars Männer Anhänger des Regimes liquidierten.

Ein Neffe als Viersterne-General

Eigentlich weiß man nie so genau, was in Sanaa gerade geschieht; weder nachts noch am Tag, der für uns mit einem Besuch bei Jehia Saleh beginnt. Er ist der Neffe des jemenitischen Machthabers Abdallah Saleh. Und weil der Präsident die wichtigsten Posten nun mal nur mit Mitgliedern aus der eigenen Familie besetzt, befehligt der Neffe als Viersterne-General die sogenannten Nationalen Sicherheitskräfte.

Die Sicherheitskräfte sind in einem abgeriegelten Kasernenkomplex stationiert. General Saleh kommt mit großem uniformiertem Gefolge und spricht dann so leise, dass man ihm jedes Wort von den Lippen ablesen muss. Er sagt, der Präsident erhole sich in Saudi-Arabien gut von den Verwundungen, die ihm Terroristen zugefügt hätten. Und der Präsident komme spätestens in zwei Wochen wieder nach Sanaa zurück, um das auf ihn wartende Vaterland zu regieren.

"With respect and best wishes"

Auf einem vergoldeten Tisch steht eine Bronzefigur, ein kleiner Soldat mit einem Maschinengewehr. "With respect and best wishes" - so lautet die Inschrift. "Ein Geschenk der Amerikaner", sagt General Saleh. Die Amerikaner haben die Sicherheitskräfte des Jemen in Antiterror- und Aufstandsbekämpfung trainiert.

Nun, müsse man herausfinden, ob der Ahmar-Clan hinter dem terroristischen Anschlag stecke, sagt Neffe General. Eine Untersuchung werde es geben mit rechtsstaatlichen Mitteln, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu können. Was Rechenschaft im Jemen bedeutet, lässt sich schwer sagen - in einem Land, wo manchmal einfach ein paar Erschossene in den Straßen herumliegen.

"Die Hölle, keine Stadt mehr"

An Tankstellen kommt es zu tumultartigen Szenen. Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: An Tankstellen kommt es zu tumultartigen Szenen. ]
Die Einwohner Sanaas sind derweil damit beschäftigt, irgendwie durch die unsicheren Tage zu kommen. Ständig bricht die Stromversorgung zusammen, Wasser wird knapp, Gas und Benzin ebenso. Kilometerlang stehen Autofahrer vor Tankstellen an und vor den Zapfsäulen kommt es zu tumultartigen Szenen. Seit zwei Tage warte er auf Benzin, klagt ein Mann, überall Chaos, nichts als Chaos.

Aber als wir ihn fragen, wer denn schuld sei an der ganzen Misere, dreht er sich weg. Dann kommt ein anderer, nimmt uns zur Seite und sagt: "Saleh, der ist schuld. Wir brauchen endlich einen Präsidenten, der nicht nur an sich und seine Familie denkt, sondern an dieses Land. Alles geht hier vor die Hunde. Sanaa - das ist die Hölle, das ist keine Stadt mehr."

Stand: 08.06.2011 09:44 Uhr
 

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