Schwellenländer: Im Schatten der Bric-Blase
Leitartikel Eigentlich müsste die Erkenntnis längst zum Gemeinplatz geworden sein: Die nächste große Finanzkrise braut sich immer dort zusammen, wo gerade niemand hinschaut.Offenbar hat der letzte Crash noch nicht ausgereicht, um daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, zumindest mehr Schauplätze in den Blick zu nehmen. Sonst würden die Märkte derzeit weniger panisch auf die Schuldenkrisen in Europa, den USA und Japan reagieren und umso nervöser auf die vermeintlichen Stars unserer Weltwirtschaft schauen: die Schwellenländer.
Der neue Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) verdeutlicht: Multitasking gehört zu den größten Stärken der Marktteilnehmer nicht, da mögen ihre Modelle noch so komplex sein. Mehr als ein, zwei Baustellen können sie nicht im Blick behalten, also stürzen sie sich mit umso mehr Eifer auf einen Themenkomplex und übertreiben dessen Brisanz, in diesem Fall die Bedeutung von Staatsdefiziten. Warnsignale aus anderen Regionen dringen nicht mehr durch.
Dabei müsste es einen bei den Analysen der BIZ eigentlich schaudern. Die Situation in Bric-Staaten wie China, Indien und Brasilien ähnelt demnach der von Griechenland oder Irland vor etwa fünf Jahren. Wenn man bedenkt, welche Schockwellen der Kollaps solcher Zwerge durch das Finanzsystem gejagt hat, mag man sich nicht ausmalen, was erst passiert, wenn mehrere Riesen wanken. Kein Rettungsschirm kann so groß sein, dass China, Indien oder Brasilien darunterpassen, und wer sollte ihn auch aufspannen?
Die BIZ ist nicht einmal die erste Institution, die Alarm schlägt. Der Internationale Währungsfonds hat das schon vor zwei Jahren getan - ohne Beachtung zu finden. Neben den üblichen Irrationalitäten der Finanzmärkte gibt es dafür wohl auch schwellenlandspezifische Gründe. Beispiel China: Ein Land, das Tausende Milliarden an Devisen anhäuft, scheint unangreifbar - auch wenn der Staat die Dollar im eigenen Land nicht ausgeben kann, weil er sonst nur die Inflation anheizt. Auch fragwürdige Statistiken erschweren eine klare Analyse.
Die Fehleinschätzungen des Marktes haben reale Konsequenzen, denn die Politik reagiert auf sie und verstärkt damit die Spirale: Die aufstrebenden Volkswirtschaften erhitzen sich auch deshalb so gefährlich, weil die Industriestaaten mit einer Niedrigzinspolitik gegen ihre heimischen Krisen kämpfen. Dadurch flüchtet Kapital in den Süden und den Fernen Osten, wo es höhere Renditen erwartet.
Angesichts dieser Verzerrungen ist es nur recht und billig, wenn Länder wie Brasilien Blockaden gegen externe Kapitalströme errichten. Sie schützen so nicht nur sich selbst. Indem sie das Anwachsen der Bric-Blase begrenzen, leisten sie sogar einen bescheidenen Beitrag zur Stabilität des Finanzsystems.
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Aus der FTD vom 27.06.2011
© 2011 Financial Times Deutschland
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