FTD-Serie: Kopf des Tages
Die Macher hinter den News: Porträts von Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.
Kopf des Tages: Bill Veghte - Léo Apothekers Software-Ass
Bei Microsoft machte der Harvard-Absolvent Windows zum Verkaufshit. Nun muss er bei HP zeigen, dass er die mickrige Softwaresparte zum Umsatzbringer aufbauen kann.Die Sieben, sagte Bill Veghte einmal, sei seine Glückszahl. Sie könnte auch seine nächste Zielmarke als Chef der Softwaresparte von Hewlett-Packard (HP) sein: Bei 7 Mrd. Dollar hätte er den Umsatz der Softwaresparte des größten IT-Konzerns der Welt in etwa verdoppelt.
Veghtes Aufgabe ist keine geringere, als den Strategieschwenk des Riesenunternehmens umzusetzen. Es ist Léo Apothekers erklärtes Ziel, das Softwaregeschäft auszubauen. Mit klaren Zahlen hält sich der HP-Chef zurück. Doch die Ansage ist klar: Mit der Ausrichtung auf Software und IT-Dienstleistungen soll der Konzern profitabler werden. Darum steht die PC-Sparte nun zum Verkauf.
Angst vor der großen Aufgabe, die Apotheker ihm übertragen hat, hat er nicht. Er ist von seiner Sache überzeugt: "Software ist die alles entscheidende Verbindung", sagt Veghte und strahlt über das ganze Gesicht.
Den Jetlag merkt man ihm nicht an, als er im Frühjahr in einem Münchner Hotel vor Fachpublikum auf die Bühne steigt. Im Gegensatz zu seinem als schwierig und aufbrausend verschrienen Chef Apotheker ist Veghte einer dieser US-Manager, die ihr Publikum unterhalten können.
Der 43-Jährige hat allen Grund, zufrieden zu sein. Bei HP bekommt Veghte genau das, wonach er gesucht hat. Bevor der ehemalige Chef der Windows-Sparte damals seinen Arbeitgeber Microsoft verließ, suchte der passionierte Bergsteiger und Skifahrer nach einer neuen Herausforderung. Monatelang lag er seinen Chefs Steve Ballmer und Steven Sinofsky in den Ohren. Er hatte bei Microsoft schon zu viel ausprobiert. Er hatte in der Serversparte gearbeitet und das Nordamerika-Geschäft verantwortet, bevor er Windows-Chef wurde. Zu den größten Erfolgen in den 20 Jahren bei Microsoft gehört der Marktstart von Windows 7. HP selbst würdigte ihn für seine Verdienste bei Microsoft. Dort habe er die Kundenzufriedenheit um 18 Prozent gesteigert.
Dabei hatte Microsoft den Harvard-Absolventen 1990 erst im zweiten Anlauf eingestellt. Dem Konzern aus Redmond war Veghte zu fachfremd: Der hatte sich im Studium mit Ostasien und nicht mit Informatik beschäftigt. Seine erste Aufgabe lautete, Windows 3.0 zu vermarkten. Das gelang ihm prächtig: Binnen zwei Jahren verkaufte sich die Software zehn Millionen Mal. Angesichts des noch kleinen PC-Marktes Anfang der 90er eine beachtliche Leistung.
Bei HP muss Veghte nun erneut Pionierarbeit leisten. Bei seinem Antritt vor rund einem Jahr kündigte er an, die winzige HP-Softwaresparte zur "Weltklasse" aufzupäppeln. Vor ihm liegt ein gewaltiges Stück Arbeit. Mit 3,6 Mrd. Dollar Umsatz ist die Softwaresparte nicht nur im Konzern klein geraten - HPs Jahresumsatz belief sich zuletzt auf 126 Mrd. Dollar. Auch gegenüber vergleichbaren Anbietern wie Oracle oder IBM mit zuletzt 22,5 Mrd. Dollar Softwareumsatz fällt der IT-Konzern deutlich ab.
Veghte versucht es mit Unternehmensübernahmen. Ein halbes Jahr nach seinem Antritt bei HP kaufte er den Sicherheitsspezialisten Arcsight für 1,5 Mrd. Dollar, jetzt schlug er beim britischen Datenanalysten Autonomy zu. Wie wichtig HP das Softwaregeschäft ist, zeigt der Preis: Mit 10,3 Mrd. Dollar ist der britische Anbieter von Analysesoftware die drittgrößte Akquisition in der Geschichte von HP, nach dem Computerhersteller Compaq im Jahr 2002 und dem Dienstleistungsspezialisten EDS im Jahr 2008.
Veghte ist überzeugt, damit in eine Marktlücke zu stoßen. Die Analyse von Daten sieht er als großes Zukunftsfeld. "Das wird vom Markt heute nicht gut bedient", sagt er. HP-Chef Apotheker kann nur hoffen, dass Veghte mit seinem Elan dem Softwaregeschäft ebenso viel Schwung verleiht wie ehedem Microsoft.
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Aus der FTD vom 22.08.2011
© 2011 Financial Times Deutschland,
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