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Merken   Drucken   21.08.2011, 17:18 Schriftgröße: AAA

Out of Office: Würstchen im Strafrock

Mit kriminell leckeren Hotdogs wirbt in Chicago der Imbiss Felony Franks. Das Recht dazu hat der Betreiber sich vor einem Bundesgericht erstritten. von Hiltrud Bontrup, Hamburg
Der Fettanteil ein Attentat, Portionen wie versuchter Totschlag, die Dosis Salz reine Nötigung - Fastfood ist in gewissem Sinne immer kriminell. Die Hotdog-Bude Felony Franks in Chicago aber geht noch viel weiter. Das Verbrechen ist die Basis ihres Businessplans, die Grundlage für Marketing und Mitarbeiterrekrutierung. Hinterm Tresen und in der Küche arbeiten Ex-Häftlinge, die Speisekarte strotzt vor Justizvokabeln. "Probation Burgers", Bewährungs-Burger, gibt es und "Cell Mates", Zellengenossen, das sind zwei Würstchen im Brot. Die Beilagen heißen Komplizen.
Ein Spaß für die Kunden, die sich höflich bedient fühlen. "Wundervolle Mitarbeiter", "triefende Pommes, wie wir sie lieben": die Internetseite yelp.com sammelt begeisterte Urteile. Geschmacklos findet dagegen der Chicagoer Stadtrat die Idee. Seit der Eröffnung 2009 verweigerte er der Würstchenbude ein Firmenschild. Das nämlich sei ein Stigma für die Mitarbeiter, und obendrein sei es ein falsches Signal, mit Verbrechen zu werben.
Das Logo der Würstchenbude darf nun auch das Firmenschild schmücken   Das Logo der Würstchenbude darf nun auch das Firmenschild schmücken
Seit zehn Tagen hängt das Schild nun doch und kündet weit sichtbar vom "Home of Misdemeanor Wiener", dem Zuhause des ordnungswidrigen Würstchens. Imbissbetreiber Jim Andrews war das bürokratische Gezerre mit dem Stadtrat leid. Er klagte bei einem amerikanischen Bundesgericht, pochte auf sein Recht auf Redefreiheit und bekam endlich seinen Willen. "Food so good it's criminal" lesen nun auch Autofahrer, die bislang an der Bude vorbeirauschten - und die Andrews zu gern abfüttern würde.
Zufällig verirrt sich kaum ein Mensch zu Felony Franks. Am Rande der Chicagoer West Side gelegen, etwa drei Kilometer vom Zentrum entfernt, ist der Imbiss angewiesen auf einen guten Ruf und auf ordentliches Marketing. Am Abend soll nun das erleuchtete Schild den Durchgangsverkehr locken.
Selbst Nachbarn machten anfangs einen Bogen um die Bude. Felony Franks - verbrecherische Frankfurter - schon der Name sei eine Missetat. Tatsächlich hatten die Leute in der West Side die Nase voll von Verbrechen: Das Viertel ist keine besonders gute Gegend, Pistolengeballer gehörte lange zur Geräuschkulisse. Zuletzt hatte die Stadt die Kriminalität zurückgedrängt, die Anwohner sich ein Haus mit offenem Vollzug vom Hals gehalten, da kamen die Würstchen im Sträflingslook. "Lude" keifte ein Priester, als Andrews zur Nachbarschaftsrunde erschien.
Dabei wolle er nur Gutes tun, sagt der Betreiber. "Ex-Häftlinge brauchen eine zweite Chance, und sie brauchen einen sicheren Job." Zwölf Mitarbeiter beschäftigt er heute, Leute, "die woanders keine Chance hätten". Andrews weiß, worauf er sich einlässt, er hat schon Ex-Verbrecher beschäftigt, als er noch Papierwaren für Restaurants herstellte: "Die beste Crew, die ich je hatte", beteuert er. Als Andrews seinen Fast-Food-Imbiss eröffnete, bekam er mehr als 1000 Bewerbungen von ehemaligen Sträflingen.
Große Pläne hatte Andrews damals. Er investierte 160.000 Dollar, um die alte Würstchenbude zu sanieren. Die Keimzelle einer Kette sollte sie sein, ganz Chicago wollte er kriminell gut verköstigen. Franchisenehmer meldeten sich, auch ohne dass er dazu aufrief. Die Jahre ohne Firmenschild aber, sie bremsten das Geschäft, 293.000 Dollar seien ihm entgangen, sagt Andrews - um sich das Geld zurückzuholen, hat er schon die nächste Klage eingereicht. Bekommt er wieder Recht, wird das dem Stadtrat gehörig auf den Magen schlagen.
  • Aus der FTD vom 22.08.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland,
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