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  FTD-Serie: Die Top-Ökonomen

Es gibt kaum eine heiße wirtschaftspolitische Debatte oder kluge ökonomische Analyse, in der ihr Name nicht fällt: Joseph Stiglitz, Kenneth Rogoff und Jagdish Bhagwati bilden mit einem guten Dutzend weiterer Top-Ökonomen einen einzigartigen Think Tank. So konträr ihre Ansichten auch sein mögen: Sie schreiben für eine exklusive Serie, die die FTD in Zusammenarbeit mit der internationalen Public-Benefit-Organisation 'Project Syndicate' veröffentlicht.

Merken   Drucken   02.08.2011, 09:12 Schriftgröße: AAA

Top-Ökonomen: Stephen S. Roach - Warum wir auf China hören sollten

Peking ist entsetzt über Washingtons Haushaltspolitik - und sein Appetit nach Dollar-Anlagen wird bald gesättigt sein. Schlechte Zeichen für die klamme US-Wirtschaft.
Kommentar Peking ist entsetzt über Washingtons Haushaltspolitik - und sein Appetit nach Dollar-Anlagen wird bald gesättigt sein. Schlechte Zeichen für die klamme US-Wirtschaft. von Stephen Roach
Stephen Roach ist Fakultätsmitglied der Yale University und Nichtgeschäftsführender Vorsitzender von Morgan Stanley Asia
Die Chinesen haben die Dynamik der amerikanischen Wirtschaft lange bewundert. Aber zur US-Regierung und deren dysfunktionaler Wirtschaftspolitik haben sie das Vertrauen verloren. Nach der Subprime-Krise kam die Debatte über die Schuldengrenze und das Haushaltsdefizit. Führende chinesische Politiker haben kein Verständnis dafür, wie die USA Politik auf Kosten der finanziellen Stabilität machen. "Das ist schockierend", sagte mir ein hochrangiger Funktionär. "Die andauernde Verantwortungslosigkeit der Regierung ist erstaunlich."
China steht nicht unbeteiligt am Rand. Nach der asiatischen Finanzkrise der späten 90er-Jahre hat das Land etwa 3200 Mrd. Dollar Fremdwährungsreserven angehäuft, um sein System gegen externe Schocks abzusichern. Zwei Drittel dieser Summe stecken in Dollar-Anlagen, darunter hauptsächlich US-Schatzbriefe und andere öffentliche Wertpapiere. Dadurch hat China Ende 2008 Japan als größten Investor in US-Finanzanlagen abgelöst. Nicht nur aus Sicherheitsbedürfnis ist China eine so große Wette auf die einst relativ risikolosen Papiere eingegangen, sondern auch, weil die Wechselkurspolitik des Landes dies erforderte. Um die Anpassung des Renminbi an den Dollar beizubehalten, musste China einen ungewöhnlich hohen Anteil seiner Fremdwährungsreserven in Dollar anlegen.
Diese Tage sind vorbei. China erkennt, dass es nicht mehr sinnvoll ist, seine momentane Wachstumsstrategie beizubehalten, die hauptsächlich auf einer Kombination von Exporten und einem massiven Puffer aus Fremdwährungsreserven in Dollar beruht. Dabei folgt die chinesische Führung hauptsächlich drei Erkenntnissen:
Erstens waren die Krise und die große Rezession von 2008 und 2009 ein Weckruf. Zwar blieb die chinesische Exportindustrie sehr wettbewerbsfähig, aber trotzdem kamen infolge dieser Zeit verständliche Zweifel an der ausländischen Nachfrage nach chinesischen Produkten auf. In den USA, Europa und Japan, jenen krisengeschüttelten Industrieländern, die gemeinsam mehr als 40 Prozent der chinesischen Exporte abnehmen, wird die Konsumnachfrage wahrscheinlich in den kommenden Jahren langsamer wachsen als während des chinesischen Exportbooms der letzten 30 Jahre. Die Exportorientierung, lange stärkster Antrieb des chinesischen Wachstums, weist entscheidende Nachteile auf.
Zweitens sind die Kosten für die Versicherungsprämie in Form übergroßer chinesischer Fremdwährungsreserven aufgrund politischer Risiken gestiegen. Da die Schuldenrückzahlung der US-Regierung fraglicher wird, steht das Konzept der risikolosen Dollar-Anlagen infrage. Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao und Präsident Hu Jintao haben wiederholt ihre Sorge über die US-Haushaltspolitik und den Status von Staatsanleihen als sicherer Hafen geäußert. Dahinter stand nicht unbedingt die Angst vor einer tatsächlichen Staatspleite der USA. China ist skeptisch gegenüber jeglicher Reparatur, die substanzielle haushaltspolitische Korrekturen verschiebt. All dies beschädigt die Glaubwürdigkeit der US-Regierung.

Teil 2: Transparenz in Chinas zwölftem Fünfjahresplan

  • FTD.de, 02.08.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland,
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Kommentare
  • 26.08.2011 14:15:03 Uhr   Momo: Grobe Simplifizierung

    @ni hau:
    Sie schreiben:
    "Das Riesenreich wird von Peking aus zentralistisch-kommunistisch gesteuert. In den boomenden Wirtschaftsregionen Shanghai und Chongquing herrschen freiheitlich-westliche Strukturen vor."
    Noch simplizistischer und noch stärker schwarz-weiss-malend geht es wohl nicht, oder? Die Chinesische "Wachstumsregionen": "'Freiheitlich-westlich", das übrige China: "Kommunistisch". Das ist propagandistischer Unsinn in Hochkultur!!!

  • 23.08.2011 05:43:49 Uhr   Fausto Castellini: Stephen R. Roch
  • 13.08.2011 02:21:53 Uhr   D. Lange: Skeptisch
  • 10.08.2011 14:29:18 Uhr   WPPJ: China Blase
  • 09.08.2011 00:27:16 Uhr   piiter: China, Kommunismus, UdSSR
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