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Merken   Drucken   01.09.2011, 15:00 Schriftgröße: AAA

Fatale Datenpannen: Wikileaks ist tot

Kommentar Nach den Pannen im Umgang mit geheimen US-Botschaftsdepeschen leben die darin genannten Informanten in Angst. Für die Enthüllungsplattform Wikileaks bedeuten die Fehler das Ende. von Georg Fahrion
Zu Beginn von Wikileaks stand eine großartige Idee. Was die Plattform versprach, war nichts anderes als eine Revolution der Öffentlichkeit, eine neue Definition dessen, was als privat oder geheim gelten durfte - und eine Bereicherung für den Journalismus: Informanten sollten Geheimdokumente freilegen können, ohne sich dabei zu gefährden.
Freiwillige würden überwachen, wie Reporter die Nachrichten bei der Veröffentlichung gewichteten. Die Kontrolle der Mächtigen über Insiderwissen sollte gebrochen, der Zugang zu Informationen transparent und demokratisch werden. Es klang dem Internetzeitalter angemessen. Es klang nach einer schönen neuen Welt.
Wikileaks versprach Geheimhaltung der Quellen - und scheitert an ...   Wikileaks versprach Geheimhaltung der Quellen - und scheitert an der eigenen Zusage
Zwar hatte auch diese Vision von Anfang an ihre Schattenseiten: Schließlich war es nicht die Allgemeinheit, sondern nur der kleine Zirkel um Wikileaks-Gründer Julian Assange, der sich die Definitionshoheit über Geheim und Öffentlich anmaßte. Wenn auch mit Bauchgrimmen, ließ sich dieser Konstruktionsfehler aber für die vermeintlich gute Sache ignorieren.
Kern der Legitimität von Wikileaks war die felsenfeste Zusicherung, nicht nur die Identität der eigenen Quellen zu schützen - sondern auch die der Informanten, die sich in den durchgesickerten Dokumenten exponierten.
Wie sonst wollte man rechtfertigen, Besprechungsprotokolle westlicher Diplomaten mit Gesprächspartnern in Ländern wie China, Iran oder Afghanistan der Öffentlichkeit zugänglich zu machen - also auch den chinesischen, iranischen oder afghanischen Geheimdiensten, die diese Informanten nur allzu gern selbst zu einer kleinen Besprechung einladen würden?
Doch nun schwirren Diplomatendepeschen frei zugänglich durchs Netz. Man kann nur erahnen, in welcher Angst manche ihrer Gesprächspartner jetzt leben - und hoffen, dass sie die unverzeihliche Schlamperei bei der Enthüllungsplattform bemerkt haben, bevor es ihre Häscher taten - und in Sicherheit sind. Die schöne neue Welt von Wikileaks stellt sich als Albtraum heraus.
Wikileaks hat beim Quellenschutz versagt und damit sein zentrales Versprechen gebrochen. Die Kreuzzügler gegen die Mächtigen waren ihrer eigenen Verantwortung und ihrer eigenen Macht nicht gewachsen.
Deswegen ist es auch nebensächlich, dass Assange, sein früherer Kompagnon Daniel Domscheit-Berg und der "Guardian"-Journalist David Leigh nun gegenseitig mit dem Finger aufeinander zeigen und noch nicht geklärt ist, wer wann wo den entscheidenden Fehler gemacht hat - Wikileaks ist gescheitert. Eine großartige Idee ist tot.
  • FTD.de, 01.09.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland,
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Kommentare
  • 02.09.2011 23:19:19 Uhr   immer-was-zu-tun: Vorhersehbar... und deshalb Absicht ?

    Dass bei einem solchen Veröffentlichungs-GAU für Wikileaks die jetzt gefährten Informanten und mögliche weitere in der Zukunft abgeschreckt oder gettet werden, war vorherzusehen. Und das es Interessengruppen - mächtige Interessengruppen genau so haben wollen, ist auch klar. Da es "natürlich" das Ziel insbesondere US-amerikanischer Institutionen ist, wikileaks zu diskreditieren, düfte kaum ernsthaft zu bestreiten sein. Klar ist wohl: wikileaks hat einen Riesenbock geschossen, wenn es so einen Zugang an nur EIN Passwort bindet.
    Aber es darf wohl gefragt werden, wieviel Geld der Guardian - Journalist von diesen interessierten Kreisen erhalten hat, damit dieses wiki-Leck geschlagen wird. ... Umsonst macht das keiner, des jeder weiß, das das wohl Menschenleben kosten wird....

  • 02.09.2011 11:47:33 Uhr   Makeze: Wikileaks ist tot, es lebe Wikileaks
  • 02.09.2011 11:20:07 Uhr   Ralf: Ralf
  • 01.09.2011 19:36:33 Uhr   mr.verloc: Das reale Problem der Informanten!
  • 01.09.2011 19:23:27 Uhr   JuppderWal: Wikileaks
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