Ein Bürgermeister hat es nicht leicht. Die Arbeitsbelastung ist hoch, die Gemeindekasse meist leer, und von allen Seiten werden Ansprüche an den Amtsinhaber gestellt. Kein Wunder, dass das Interesse an dem Job zurückgeht, wie der Deutsche Städte- und Gemeindebund beklagt. In Südbrandenburg haben die Grünen darum neulich sogar per Facebook nach einem geeigneten Bürgermeisterkandidaten gesucht - und einen internetaffinen Nordbrandenburger gefunden.
Anderswo sieht es ähnlich aus. In der 54.000-Einwohner-Stadt Nordhorn in Westniedersachsen hat die CDU ihr Fachkräfteproblem mit einem Auslandsimport gelöst: Bei der Kommunalwahl am Sonntag schickt sie mit Frans Willeme einen Niederländer ins Rennen - ein einmaliger Vorgang in Europa, den das Kommunalwahlrecht möglich macht. Nordhorn könnte am Sonntag zum Trendsetter werden. Die Frage ist nur, ob die Nordhorner schon so weit sind.
Am Anfang hatte selbst die örtliche CDU große Probleme mit der Personalie. Schließlich ist ein Kandidat von außen immer auch ein Misstrauensvotum gegen die eigenen Leute. "Es gab auch andere Kandidaten, aber Frans Willeme hat das meiste Potenzial", sagt CDU-Ortschef Michael Rilke zur Begründung. Schließlich habe der 58-jährige Jurist schon 20 Jahre als Bürgermeister in der niederländischen Nachbargemeinde gearbeitet. Da gebe es viele wertvolle Kontakte über die Grenze hinweg. Auch Willemes Wahlkampfslogan stellt seine Qualifikation in den Vordergrund. Er lautet: "Frans kann's".
Der Gegenkandidat der SPD, ein gelernter Gartenbaumeister, nimmt hingegen Willemes Herkunft aufs Korn: "Näher dran" steht auf seinen Wahlplakaten. Doch Willeme nützt, was ausgerechnet ein früherer SPD-Bürgermeister Nordhorns in einem offenen Brief an die Einwohner der Stadt geschrieben hat: Zu einem Bürgermeister gehöre "ein gehöriges Maß an Fachwissen und Erfahrung", ist da zu lesen. So ist aus Willeme ein chancenreicher Kandidat geworden.
Kurz vor der Wahl sagt selbst SPD-Ortschef Harald Krebs "ein knappes Rennen" voraus. Willeme selbst, der fließend Deutsch mit holländischem Akzent spricht, sieht sich auf der "Überholungsspur". Entscheiden könnte das Wahlrecht, das allen EU-Bürgern eine Stimme gibt. Wegen der günstigen Grundstücke leben nämlich immer mehr Niederländer in Nordhorn - inzwischen sind es drei Prozent der Wahlberechtigten.