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  FTD-Serie: Die Top-Ökonomen

Es gibt kaum eine heiße wirtschaftspolitische Debatte oder kluge ökonomische Analyse, in der ihr Name nicht fällt: Joseph Stiglitz, Kenneth Rogoff und Jagdish Bhagwati bilden mit einem guten Dutzend weiterer Top-Ökonomen einen einzigartigen Think Tank. So konträr ihre Ansichten auch sein mögen: Sie schreiben für eine exklusive Serie, die die FTD in Zusammenarbeit mit der internationalen Public-Benefit-Organisation 'Project Syndicate' veröffentlicht.

Merken   Drucken   09.09.2011, 07:00 Schriftgröße: AAA

Top-Ökonomen: Joseph E. Stiglitz - Der Preis von 9/11

Die Terroranschläge vor zehn Jahren haben Amerika mehr geschadet, als selbst al-Kaida sich das hätte erträumen können - und daran sind die USA selbst schuld.
© Bild: 2010 ftd.de
Kommentar Die Terroranschläge vor zehn Jahren haben Amerika mehr geschadet, als selbst al-Kaida sich das hätte erträumen können - und daran sind die USA selbst schuld. von Joseph E. Stiglitz 
Joseph Stiglitz ist Professor an der Columbia University und Nobelpreisträger für Ökonomie
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 durch al-Kaida sollten den Vereinigten Staaten schaden, und das haben sie getan - auf eine Weise sogar, die sich Osama Bin Laden vermutlich nie hätte vorstellen können. Präsident George W. Bush kompromittierte mit seiner Reaktion auf die Anschläge Amerikas Grundprinzipien, untergrub die Wirtschaft des Landes und schwächte seine Sicherheit.
9/11 Die Titelseiten zum Terroranschlag
Der Angriff auf Afghanistan, der auf die Anschläge vom 11. September folgte, war verständlich, doch der anschließende Einmarsch im Irak hatte mit al-Kaida nichts zu tun. Dieser ohne zwingenden Grund begonnene Krieg wurde sehr teuer - um ein Vielfaches teurer als die 60 Mrd. Dollar, von denen zunächst die Rede war. Zu enormer Inkompetenz gesellten sich unredliche falsche Behauptungen.
Als Linda Bilmes und ich Amerikas Kriegskosten vor drei Jahren berechneten, belief sich unsere konservative Schätzung auf 3000 bis 5000 Mrd. Dollar. Inzwischen sind die Kosten weiter gestiegen. Da fast die Hälfte der heimgekehrten Soldaten Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitszahlungen hat und inzwischen mehr als 600.000 von ihnen in medizinischen Einrichtungen für Veteranen behandelt werden, gehen wir nun davon aus, dass sich die künftigen Erwerbsunfähigkeitsrenten und Kosten für die Krankenbetreuung auf 600 bis 900 Mrd. Dollar belaufen werden. Die sozialen Kosten freilich, die sich in Selbsttötungen von Veteranen (über 18 pro Tag in den letzten Jahren) und zerrütteten Familien widerspiegeln, sind unkalkulierbar.
Selbst wenn man Bush verzeihen könnte, dass er Amerika und einen Großteil der Welt unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in einen Krieg verwickelt und dessen Kosten falsch dargestellt hat, gibt es keine Entschuldigung dafür, wie er ihn finanziert hat. Sein Krieg war der erste, der allein mit Krediten bezahlt wurde. Amerika zog in den Krieg, und zugleich schoss das Defizit steil in die Höhe, bedingt durch Bushs Steuersenkungen von 2001. Doch er entschied sich, eine weitere Runde "Steuererleichterungen" für die Reichen durchzuziehen.

Teil 2: Enorme Kollateralschäden

  • FTD.de, 09.09.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland,
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Kommentare
  • 19.09.2011 11:54:15 Uhr   Crass Spektakel: 0,5%

    Eigentlich hat der Krieg 37 Billiarden Dollar und 59 Millionen Menschenleben gefordert. Beweis durch Behauptung, quod erat expectandum.

    Zäumen wir das Pferd mal von vorne auf... Wenn man SÄMTLICHE Militärausgaben zusammenzählt, über 10 Jahre, dann kommen tatsächlich 5 Billionen Dollar zusammen. Was exakt 45% mehr sind als in den zehn Jahren zuvor. Hört sich enorm an, isses aber nicht: Die USA hat in der gleichen Zeit 170 Billionen BNP aufzuweisen. Nb, Welchen Terrorpaten hat man denn zwischen 1991 und 2000 gejagt daß die Ausgaben so hoch waren?

    Oder mal relativ: Die Militärausgaben der USA zwischen 1991 und 2000 machten 2,8% des BNPs aus, zwischen 2001 und 2010 waren es (vereinfacht gleichverteilt) 4,4%. Davon gingen 0,2% durchschnittlich nach Afghanistan, 1,0% in den Irak und 0,2% "in andere Szenarien". Zum Vergleich, Vietnam 12%, 2.Weltkrieg 45%.

    Eigentlich sind das Summen mit denen eine Volkswirtschaft zurechtkommen sollte. Schon eine vierprozentige Mehrwertssteuer hätte den Krieg auf unbestimmte Zeit bezahlen sollen. Amerikas Pleite hängt nicht mit den relativ kleinen und zähen Kriegen zusammen sondern mit einer ruiniösen Wirtschaftspolitik der Nach-Clinton-Ära, einer total reformunwilligen Rechten, einer zerstrittenen Linken, einem saublöden Bush, einem zauderndem Obama.

  • 17.09.2011 18:00:06 Uhr   John Doe: @Carsten
  • 17.09.2011 05:20:58 Uhr   Carsten: Dampfplauderer stoppen!
  • 15.09.2011 16:23:12 Uhr   JFK Junior: Ja da hatsmal einer gesagt, dumme USA!!
  • 15.09.2011 11:46:50 Uhr   John Doe: @feral
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