Aktiencheck: Börse überwindet Pflugangst
Deere, der US-Hersteller von Landmaschinen, hat alle Erwartungen der Wall Street übertroffen - und erfreut Anleger auf lange Sicht.Von Konjunkturflaute oder Rezessionsängsten hat die US-Agrarbranche in den vergangenen Monaten nichts gespürt. Ganz im Gegenteil: Der Sektor boomt. 2011 verbuchten die amerikanischen Farmer ein rekordverdächtiges Geschäft. Laut Landwirtschaftsministerium haben im abgelaufenen Jahr erstmals sowohl die Gewinne als auch die Bargeldbestände der Farmer die 100-Mrd.-Dollar-Marke überschritten - und zu den Profiteuren des Booms gehört Deere.
John Deere feierte seinen ersten Erfolg 1836 mit der Einführung eines Stahlpflugs. Mittlerweile gilt die daraus entstandene Firma mit einem Jahresumsatz von rund 30 Mrd. Dollar als der größte Hersteller von Landwirtschaftsmaschinen der Welt. Einen Großteil des Umsatzes erzielt das Unternehmen nach wie vor in Nordamerika. Doch Lateinamerika und Asien werden zunehmend wichtiger für das Wachstum. 2010 stammten rund 65 Prozent der Verkäufe aus den USA und Kanada. Die Vereinigten Staaten sind der mit Abstand größte Maisproduzent der Welt.
Auch bei Sojasprossen, Baumwolle und Weizen sind die USA auf den vorderen Rängen zu finden. Während der Absatz in Europa zuletzt leicht stagnierte, legte Deere in Asien und vor allem Lateinamerika zu. Im vierten Quartal hatte das Unternehmen sämtliche Prognosen übertroffen. Der Gewinn wurde gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 46 Dollar auf 669,6 Mio. Dollar oder 1,62 Dollar pro Aktie gesteigert. Analysten hatten mit 1,44 Dollar pro Aktie gerechnet. Für 2012 erwartet das Management einen Jahresgewinn von 3,2 Mrd. Dollar. Die durchschnittlichen Wall-Street-Schätzungen lagen bis vor Kurzem bei 2,6 Mrd. Dollar.
"Buckin' Up" - wobei "Buck" ein umgangssprachlicher Begriff für Geld ist - titelte die Credit Suisse bei ihrem jüngsten Research Report. Deere habe die Prognosen der Wall Street zerschmettert, schrieb Analyst Jamie Cook. Auch Eli Lustgarten vom Analysehaus Longbow Research nannte den Ausblick von Deere ungewöhnlich aggressiv. Lustgarten setzt für die nächsten zwölf Monate ein Kursziel von 93 Dollar und empfiehlt den Kauf der Aktie. Cook sieht die Aktie auf Jahressicht ebenfalls bei 93 Dollar. Wachstum könnte vor allem aus Übersee kommen.
Lustgarten rechnet mit mehr Zusammenschlüssen von Farmen in Südamerika und Europa. Das dürfte, seiner Meinung nach, den Bedarf an großen Landwirtschaftsmaschinen steigern. Rund 80 Prozent des Umsatz erzielte Deere im abgelaufenen Jahr im Agrarsektor 18. Prozent kommen aus den Bereichen Bauwesen und Forstwirtschaft. Zwei Prozent steuert das Kreditwesen bei. Die Aktie kann mit einem KGV von elf nicht als überteuert bezeichnet werden. Doch der Kurs hat sich seit Ende der Finanzkrise und der Rezession Anfang 2009 verdreifacht. Laut dem Finanzdatendienst Bloomberg empfehlen zwölf Analysten den Kauf der Aktie. Neun Experten raten zum Halten.
Der Ölkonzern Exxon Mobil hat kürzlich die Prognose aufgestellt, dass die Weltbevölkerung in den nächsten rund 30 Jahren von sieben auf neun Milliarden Menschen wachsen wird. Sollte diese Schätzung in der Tendenz eintreten, dann dürfte der Agrarsektor auch weiterhin zu den großen Wachstumsbranchen zählen. Als Risikofaktoren werden an der Wall Street neben dem Währungsrisiko die höheren Preise für Rohstoffe gesehen. Dann würden sich entsprechend die Herstellungskosten für Deere erhöhen, was die Margen drücken könnte. Doch angesichts der stetig wachsenden Weltbevölkerung scheint langfristig ein Ende des positiven Trends unwahrscheinlich.
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FTD.de, 30.12.2011
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