Seit August hat die EZB vor allem Staatsanleihen aus Italien und Spanien aufgekauft und damit die Risikoaufschläge auf diese Papiere verringert, was die künftige Schuldenaufnahme erleichtert. Ziel ist es nach Ansicht von Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, "dass die Aufschläge für die betreffenden Länder schmerzhaft sind, aber nicht tödlich". Seit dem Start des umstrittenen Programms im Mai 2010 hat die EZB bereits 211 Mrd. Euro für den Aufkauf von Krisenanleihen ausgegeben.
Auch Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, bezweifelt, dass die sanfte Therapie angesichts des riesigen Refinanzierungsbedarfs Anfang kommenden Jahres ausreicht. "Das Risiko ist real, dass Italien 2012 ohne umfangreichere EZB-Käufe nicht genügend Interessenten für seine Anleihen findet", sagt Krämer. "Würde sich ein solches Szenario abzeichnen, würde die EZB anders als 2011 massiv Staatsanleihen aufkaufen."
Draghi, Bundesbankpräsident Jens Weidmann und andere prominente Euro-Zentralbanker warnen freilich regelmäßig vor dem Irrglauben, die EZB halte mit dem Anleiheaufkauf eine Wunderwaffe in der Hand, die die Probleme der Euro-Zone kostenlos lösen könne. Umfangreiche Staatsanleiheaufkäufe sollten nicht von der EZB erwartet werden, sagt etwa Frankreichs Notenbankgouverneur Christian Noyer. "Großvolumige Aufkäufe sind nicht ohne Risiko", warnt der Franzose. "Obwohl sie kurzfristig den Aufwärtsdruck bei den Zinsen lindern können, beeinflussen sie mittelfristig Preis- und Finanzstabilität."