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08.01.2012

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Kommentar: Die Dauer-Empörung nervt
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Die Dauer-Empörung nervt und macht wütend

Von Silke Engel, RBB

Kein Befreiungsschlag, sondern noch mehr Aufruhr. Auch nach der Fernsehbeichte des Bundespräsidenten. Ich verstehe ja, dass seine lang erwartete Erklärung haarklein auseinandergenommen wird. Aber hatte Christian Wulff überhaupt noch eine echte Chance? Was hätte er denn sagen müssen, um sich selbst zu befreien? Außer dass er Fehler gemacht hat, dass er unbeherrscht war, weil er seine Familie vom Boulevard nicht in den Dreck ziehen lassen wollte? Dass auch ein Bundespräsident Recht auf Privatsphäre hat? Und: dass Anforderungen an einen Landespolitiker ein paar Nummern kleiner sind als an ein Staatsoberhaupt. 

Alles richtig und bodenständig. Zwar für einen gewieften Berufspolitiker wie Wulff fast ein wenig naiv, aber so hören sich nun mal Entschuldigungen an. Wer mehr erwartet hat, kann nur noch den Rücktritt fordern als einzig wirksamen Befreiungsschlag. Insofern geht mir diese aufgeputschte Pseudo-Empörung ohne neue Erkenntnisse langsam auf die Nerven. Vor allem, weil Maßstäbe komplett durcheinander sind.

Die Relationen müssen wieder geradegerückt werden

Bei allen berechtigten Zweifeln in der Sache wie auch an Wulffs tollpatschigem Krisenmanagement - die Relationen müssen wieder geradegerückt werden. Mich ärgert, dass ausgerechnet die "Bild"-Zeitung sich zum Opfer stilisieren kann. Ein Blatt, das es mit Persönlichkeitsrechten normalerweise gar nicht so genau nimmt. Das Kampagnen fährt wie bei Karl-Theodor zu Guttenberg, der sogar eine ganze Dissertation abschreiben darf, ohne dass "Bild" seine Integrität in Frage stellt. "Bild" als Gralshüter der Pressefreiheit, auch darüber lohnt es sich nachzudenken.

Audio: Kommentar: Wulff und die nervige Dauer-Empörung

AudioSilke Engel (RBB), ARD Berlin 05.01.2012 17:54 | 2'51
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Wulffs Schwäche ist auch eine Schwäche der Kanzlerin

Mich ärgert aber auch die Opposition, die täglich weiter stichelt. Größtenteils mit verdeckten Giftpfeilen. Nur um Wulffs Schwäche - die auch eine Schwäche der Kanzlerin ist - so lange wie möglich auszukosten. Mich nervt das. Nicht weil ich Wulff für einen starken Bundespräsidenten halte. Oder weil ich Merkel schützen will. Sondern weil ich mir das Finger-in-die-Wunde-Legen von der Opposition bei weitaus wichtigeren Themen wünsche als bei ein paar privaten Urlauben und einem Hauskredit.

Und dann macht mich wütend, dass Wulff inzwischen wie ein Schwerverbrecher behandelt wird, der noch nicht einmal Recht auf Bewährung hat. Der wie in einem Gerichtssaal seine Unschuld vor aller Augen beweisen soll, obwohl er gar nicht angeklagt ist. Andere Politiker aber, ob verurteilte Steuerhinterzieher oder gewiefte Wächter von schwarzen Kassen, die konnten weiter unbeschadet regieren.

Wulff beschädigt vor allem sich selbst

Am schlimmsten aber dieses dauernde Gefasel: Das Amt wird beschädigt. Da können sich alle getrost hinter verstecken. So ein Blödsinn - wie soll das gehen? Christian Wulff beschädigt vor allem sich selbst. Seine moralische Integrität ist angekratzt wie auch seine Glaubwürdigkeit und Autorität. Schloss Bellevue wackelt deshalb noch lange nicht. So wichtig ist auch ein Christian Wulff nicht. Es sei denn, er bekommt weiter so viel ungeteilte Aufmerksamkeit. Dann nämlich fehlt bald wirklich die Energie für ernsthafte Kontrolle in der parlamentarischen Demokratie.

Stand: 05.01.2012 17:06 Uhr

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