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Merken   Drucken   06.01.2012, 15:54 Schriftgröße: AAA

Kreditaffäre: "Bild" schenkt Wulff Bandabschrift

Es steht nach wie vor Aussage gegen Aussage, was Christian Wulff "Bild"-Chef Diekmann auf die Handy-Mailbox gesprochen hat. Wulff ist gegen die Veröffentlichung. Das Boulevardblatt zeigt sich großzügig.
© Bild: 2012 DPA/Bildfunk/Uwe Zucchi
Es steht nach wie vor Aussage gegen Aussage, was Christian Wulff "Bild"-Chef Diekmann auf die Handy-Mailbox gesprochen hat. Wulff ist gegen die Veröffentlichung. Das Boulevardblatt zeigt sich großzügig.
Die "Bild"-Zeitung hat Bundespräsident Christian Wulff  eine Abschrift des Wortlauts seines Anrufs auf die Mailbox von Chefredakteur Kai Diekmann übermittelt. Dies sei geschehen, damit sich Wulff "bei Aussagen darüber nicht nur auf seine Erinnerung stützen muss", teilte der Springer-Verlag mit.
Zugleich bekräftigte die "Bild"-Chefredaktion ihre Entscheidung, eine Veröffentlichung nicht ohne Zustimmung des Bundespräsidenten vorzunehmen. Wulff hatte diese Zustimmung am Donnerstag nicht erteilt.
Bei dem Anruf vom 12. Dezember hat Wulff nach seinen Angaben um eine Verschiebung des Berichts über seinen umstrittenen Privatkredit gebeten. Die "Bild"-Zeitung argumentiert, er habe die Berichterstattung nicht nur hinauszögern, sondern verhindern wollen.
Zuvor widersprach die BW Bank teilweise der Darstellung Wulffs hinsichtlich des Zustandekommens der Kreditvereinbarung zu Finanzierung seines Privathauses. Wulff hatte im TV-Interview mit ARD und ZDF gesagt, dass der Vertrag mit einer mündlichen Vereinbarung zwischen ihm und der Bank bereits im November zustande gekommen sei. Die Bank teilte der Zeitung "Die Welt" nun mit, eine mündliche Vereinbarung reiche jedoch nicht aus.
Kreditaffäre Gnadengesuch bei ARD und ZDF
"Ein Kreditvertrag mit Verbrauchern bedarf der Schriftform", heißt es in einer Antwort der Bank auf eine entsprechende Anfrage der Zeitung. Einen schriftlichen Vertrag habe die Bank aber erst am 12. Dezember an Wulff geschickt, unterschrieben habe er den Kreditvertrag am 21. Dezember und damit rund eine Woche nach den ersten Medienberichten über seine Hausfinanzierung. Bei der Bank sei der unterschriebene Vertrag erst am 27. Dezember eingegangen.
Wulff hatte am Mittwoch in einem Fernsehinterview Vorwürfen widersprochen, der neue Kreditvertrag mit der BW Bank sei deutlich später zustande gekommen als von ihm zunächst angegeben. Mit dem Kredit will Wulff Mitte Januar ein rollierendes Geldmarktdarlehen der BW Bank ablösen, das er zuvor zur Finanzierung seines Hauses in Burgwedel genutzt hatte.
Das Magazin "Focus" berichtete, dass Wulffs Ehefrau Bettina Kleider deutscher Luxus-Modehersteller kostenlos genutzt haben soll. "Frau Wulff wurde von verschiedenen deutschen Modehäusern Bekleidung aus den im Handel käuflichen Kollektionen zur Verfügung gestellt", zitiert das Magazin Wulffs Anwalt Gernot Lehr. Einiges davon sei kostenlos bereitgestellt worden. In seiner Steuererklärung habe Wulff das jedoch berücksichtigt. Prominente sind laut "Focus" ein begehrter Werbeträger der Modelabels.
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Weiterhin schwelt auch die Medienaffäre rund um den Anruf Wulffs beim "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann. Strittig ist ob der Anruf mit dem Ziel erfolgte, die Berichte über seinen Hauskredit zu verzögern oder zu unterbinden. Diekmann selbst stellte in einem "Bild"-Kommentar klar, dass es seine Zeitung keineswegs auf ein Duell mit Wulff anlege: Wer "den Fall und die Probleme des Bundespräsidenten jetzt zu einem Machtkampf zwischen dem ersten Mann im Staat und der größten Zeitung im Land aufpumpt, der geht wahrhaft völlig in die Irre." Die Medien spielten in der Debatte eine Rolle. Diekmann: "Sie stellen Fragen, decken Fehler auf, legen Widersprüche bloß. Aber sie entscheiden nicht. Das tun die politischen Parteien. Die Bürger, die sich ihr Urteil bilden. Und ganz zuerst Christian Wulff selbst."
Wulff verweigerte am Donnerstag die Veröffentlichung seines Telefonanrufes bei der "Bild"-Zeitung. Die Zeitung hatte zuvor Wulffs Version widersprochen und ihn gebeten, die umstrittenen Äußerungen auf der Mailbox von Chefredakteur Diekmann verbreiten zu dürfen. Wulff lehnte ab und erklärte, er wolle es bei seiner persönlichen Entschuldigung bei Diekmann belassen. "Bild" bedauerte die Entscheidung, will aber auf eine Veröffentlichung verzichten.
Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Birgit Homburger forderte den Bundespräsidenten auf, Klarheit zu schaffen. "Die 'Bild'-Redaktion hat eine neue Frage aufgeworfen. Auch diese muss beantwortet werden", sagte Homburger der Zeitung "Welt" einem Vorabbericht zufolge. Die Debatte sei nicht gut für das Ansehen des Bundespräsidenten. "Das höchste Staatsamt ist in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Debatte schadet auch dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland", sagte sie. Daher solle sie schnell beendet werden.
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte der Nachrichtenagentur dpa, er gehe davon aus, dass Wulff offene Fragen schnell aus dem Weg räume. "Wir brauchen einen Bundespräsidenten, der handlungsfähig ist." Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sagte, er habe Verständnis, dass Wulff den Mailbox-Mitschnitt nicht freigebe. Man solle nun "nicht weiter auf den Bundespräsidenten eintreten".
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kritisierte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Wulffs Krisenmanagement, fordert aber zugleich, die Entschuldigung zu akzeptieren. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) rief Wulff in der "Ostsee-Zeitung" auf, "nun Vertrauen zurückgewinnen, denn das ist leider verloren gegangen".
  • FTD.de, 06.01.2012
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