Ab 2015 sollen die Deutschen nicht nur Verpackungsmüll wie Joghurtbecher und Konserven, sondern auch andere Wertstoffe vom alten Fahrradreifen über Textilien bis zur angekokelten Bratpfanne in die neue Wertstofftonne stecken. Die 1991 eingeführten, auf ausgediente Verpackungen beschränkten gelben Tonnen und Säcke - eine Domäne der Privaten - stehen damit vor dem Aus.
Um den Markt balgen sich öffentliche und private Entsorger seit Langem. Und mit einer geänderten Regelung werden die Karten neu gemischt. Noch in diesem Monat ist mit einer Vorentscheidung zu rechnen, die den Einfluss der Kontrahenten auf Jahre hinaus festschreibt. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat befasst sich voraussichtlich am 18. Januar zum zweiten Mal mit einer Novelle zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, die die Weichen für die weitere Entwicklung stellen soll.
Die Chancen für die Privaten stehen schlecht. War erst vorgesehen, dass sie immer zum Zuge kommen könnten, wenn sie ein "gleichwertiges Angebot" wie die öffentlichen vorlegen, so müssten sie nun "wesentlich" leistungsfähiger sein. "Dieser Nachweis ist praktisch nicht zu leisten", sagt ein Wettbewerbsrechtler.
Beide Seiten zeichnen nun Schreckensbilder von Arbeitsplatzabbau und steigenden Müllgebühren, wenn der Rivale zum Zuge kommt. So sieht der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) "keine Vorteile einer privaten Wertstofftonne". Das Bundesverwaltungsgericht habe die Position in drei Urteilen bestätigt. Verbandschef Hans-Joachim Reck behauptet, die gewerblichen Firmen seien nur an lukrativen Materialien interessiert: "Mit manchen Abfallfraktionen lässt sich nun mal kein Geld verdienen. An diesen haben die privaten Sammler folglich kein Interesse", sagte er der FTD. Die Gewerkschaft Verdi assistiert: "Wenn die privaten Müllkonzerne das Recht erhalten, sich die Rosinen aus dem Wertstoffmüll herauszupicken, geraten kommunale Unternehmen in Gefahr", so Vorstandsmitglied Erhard Ott.
Die gewerblichen Abfallsammler argumentieren, die Wiedergewinnung von Rohstoffen sei bei ihnen in besseren Händen. Sie hätten 15 Mrd. Euro in moderne Sortieranlagen investiert. Die im neuen Gesetz vorgegebene Recyclingquote von 65 Prozent - gegenüber jetzt 63 Prozent - sei enttäuschend niedrig.
Auch das Bundeskartellamt sieht die Novelle zum Kreislaufwirtschaftsgesetz kritisch. Der Gesetzgeber sei "auf Druck der Kommunen" hinter seine eigenen Ansprüche zur Marktöffnung zurückgefallen. "Das ist aus wettbewerblicher Sicht, aber auch für die Bürger, sehr bedauerlich", sagte ein Sprecher der Wettbewerbsbehörde. Es gehe nicht darum, die Kommunen aus dem System zu drängen, doch schreibe das Gesetz in seiner jüngsten Fassung faktisch ein Monopol der öffentlichen Entsorger fest. "Offene Strukturen und Wettbewerbsdruck durch private Konkurrenz würde mittelfristig zu niedrigeren Müllgebühren und einem größeren Serviceangebot führen", so das Kartellamt.
Auch von den EU-Wettbewerbshütern erhoffen sich die privaten Abfallfirmen Sympathie. 2009 hatte sich der BDE dort wegen empfundener Benachteiligungen bei Altpapier beschwert. Die Kommission hat die Entscheidung vertagt - um zu beobachten,wie Deutschland mit dem Wettbewerb im Entsorgungsmarkt umgeht.