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Merken   Drucken   08.01.2012, 20:15 Schriftgröße: AAA

Profis auf dem Rüttelsieb: Magaths Totalrenovierung

Felix Magath wechselt die Einkaufsphilosophie: Jetzt verpflichtet Wolfsburgs Manager junge Spieler ohne Bundesligaerfahrung - er bleibt aber Transferkönig. von Frank Hellmann, Frankfurt
Immerhin so weit hat der Vertrauensvorschuss gereicht: Keinem der sieben Winter-Neuzugänge, mit denen Felix Magath seinen Kader jüngst erweiterte, blieb am Wochenende die erste große Dienstreise des VfL Wolfsburg nach Dubai verwehrt. Seit Sonntag bis zum Montag in einer Woche wird auf der Anlage des Klubs Al Ahli geschwitzt; dort ist übrigens der ehemalige VfL-Torjäger Grafite mittlerweile beschäftigt. Der Brasilianer dürfte es indes schwer haben, alte Bekannten auszumachen, hat Magath das neue Jahr gleich mit der nächsten Totalrenovierung eingeleitet. Das Muster der neuesten Verpflichtungen wirkt etwas diffus. Als sicher gilt nur, dass der Tausendsassa in der Rückrunde eine neue Bestmarke an eingesetzten Spielern während einer Saison aufstellen wird. Bisheriger Rekordhalter ist Magath selbst mit 35 Profis in seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt 2000/2001.
30 verschiedene Spieler haben sich in der Hinrunde 2011/2012 bereits in Wolfsburg beweisen dürfen. Das Ergebnis ist unbefriedigend, ergo hat Magath nachjustiert: Mit Petr Jiracek (Viktoria Pilsen), 25 Jahre, Tscheche, geschätzte Ablöse 4 Mio. Euro; Giovanni Sio (FC Sion), 22, Franko-Ivorer, mindestens 5 Mio. teuer; Vieirinha (PAOK Saloniki), 25, Portugiese, für rund 4,5 Mio. erworben; Slobodan Medojevic (Novi Sad), 21, Serbe, 2,5 Mio. Euro; Ferhan Hasani (Tetovo/Mazedonien), 21, 700.000 Euro; Felipe Lopes (Nacional Funchal), 24, Brasilianer, 2,5 Mio.; 12 Mio. für Ibrahim Sissoko (Academica de Coimbra), 20, Ivorer. Was diese Kräfte wirklich wert sind, weiß niemand.
Wolfsburgs Trainer Felix Magath baut sein Team rigoros um   Wolfsburgs Trainer Felix Magath baut sein Team rigoros um
Fakt ist: Keiner kennt die Bundesliga oder spricht Deutsch. Am Freitagabend beim Hallenturnier in Frankfurt tricksten die Offensivbegabungen Sio, Rückennummer 44, und Vieirinha, Nummer 45, immerhin wenige Minuten über den Kunstrasen, dann schonte sie Magath für den sechsstündigen Flug am nächsten Tag.
Kopfschüttelnde Manager-Kollegen glauben, dass der 58-Jährige sich damit die nächste Söldner-Generation nach Niedersachsen geholt hat. Sio oder Vieirinha sollen bereits in vergangenen Transferperioden hierzulande überteuert angeboten worden sein. "Magath wirft halt gerne 40 Profis auf ein Rüttelsieb und schaut, wer danach noch übrig bleiben", erklärt einer. Seit 2007 hat Magath 80 Profis gekauft und 77 verkauft. 30 Zukäufe und 27 Verkäufe fielen davon in seine Schalker Zeit. Allein aus den Ablösen summieren sich über fünf Jahre Ausgaben von rund 150 Mio., Gehälter, Handgelder und ähnliches verschlingen weitere Unsummen. Gerade die langfristigen Vertragsbindungen und großzügigen Gagen bergen die Gefahr, dass einmal durch den Rost gefallen Spieler anschließend nur schwer vermittelbar sind.
Der aktuelle Wolfsburger Ladenhüter Patrick Helmes personifiziert dieses Dilemma. Dessen Berater Gerd vom Bruch sprach bereits von "Kapitalvernichtung." "Felix ist halt anspruchsvoll, aber gerecht in beide Richtungen", behauptet Paul Koutsoliakos. "Ein 17-Jähriger wird aus dem Nichts befördert und im Gegenzug ein gestandener Nationalspieler auf die Tribüne gesetzt." Aus Koutsoliakos‘ Kreis findet sich der erst im Sommer vermittelte Sotirios Kyrgiakos bereits unter den Ausgemusterten wieder, dafür durfte der Griechenland-Spezialist nun den Vieirinha-Deal abwickeln.
Möglich werden die teuren Rochaden erst mit der Alimentierung durch die Volkswagen AG, die bei seiner konzerneigenen Fußball GmbH nicht jene strengen Rentabilitätskriterien anlegt, die gemeinhin in diesem Unternehmen weltweit gelten. Die Winter-Offensive ist konträr zur Sommer-Aktivität: Damals waren vornehmlich erfahrene und Bundesliga-erprobte Kräfte wie Salihamidzic und Chris, Hleb oder Hitzlsperger angeheuert worden. Jetzt sagt Magath: "Wir verpflichten junge Spieler mit Perspektive, die uns mittelfristig wieder nach oben bringen", erklärt er die neue Einkaufstaktik, "ich weiß, was ich tue".
  • Aus der FTD vom 09.01.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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