FTD-Serie: Literatur
Lesestoff und spannende Werke von Jungen Autoren und etablierten Schriftsteller-Stars.
Literaturtipps: Highlights auf dem Buchmarkt
Unter den Neuerscheinungen in dieser Woche sind die Romane "Bekenntnisse eines jungen Schriftstellers" von Umberto Eco, "Mittelreich" von Josef Bierbichler sowie "Müllers Morde" von Monika Geier und "Wachstumsschmerz" von Sarah Kuttner.
Dass der Bestsellerautor Umberto Eco ein ziemliches Schlitzohr ist - zeigen nicht nur seine Romane. Jetzt legt der mittlerweile 80-jährige Universitätsprofessor mit Bekenntnisse eines jungen Schriftstellers eine höchst unterhaltsame Schreibschule für Nachwuchsliteraten vor. Und die geht sofort in die Vollen.
Sein wichtigster Ratschlag auf den ersten Seiten lautet: Immer "von links nach rechts schreiben". Aber keine Angst - Vollblutprofi Eco weiß natürlich wie wichtig Humor ist, um seine Leser bei einem so sperrigen Thema bei der Stange zu halten. So würzt er alle Bedienungsanleitungen zur Entschlüsselung erfolgreicher Plots mit Anekdoten oder ziemlich kühnen Formulierungen. Dabei lässt er die millionenfache Fangemeinde ziemlich tief in seinen Werkzeugzauberkasten blicken - erklärt, wie er historische Fakten in die Handlung einbindet oder Spannung durch einfache dramaturgische Kniffe erzeugt.
Dieses Buch begeistert nicht nur Kenner des Eco'schen Werkes, sondern auch schreibaffine Menschen, die sich ein paar literarische Kabinettstückchen abschauen möchten. Aber Vorsicht: Wer kein Talent zum unfallfreien Schreiben hat, wird auch durch diesen Schnellkurs nicht zum Bestsellerautor.
Von Willy Theobald
| Bekenntnisse eines jungen Schriftstellers |
|---|
| Autor: Umberto Eco | Carl Hanser Verlag | 208 S. | 19,90 Euro |
| Bewertung: 5 von 5 Punkten |
Wenn Schauspieler Bücher schreiben, kann es schnell peinlich werden. Diese Gefahr besteht bei Josef Bierbichler nicht. Auf der Bühne und im Film eine Urgewalt, hat Bierbichler einen Roman vorgelegt, der zwar in seiner Heimat spielt, aber nur Anleihen am selbst Erlebten nimmt. Es ist die Geschichte eines Dorfes am Starnberger See. Im Mittelpunkt steht der "Seewirt", der eigentlich lieber Künstler geworden wäre und zu sensibel ist für die Bierdimpfl seiner Umgebung.
Die Beschränktheit der Adenauer-Jahre, der Antisemitismus, der sich bis in die 60er-Jahre hält und dann durch Ressentiments gegen Gastarbeiter abgelöst wird, Missbrauch im Internat - Bierbichler schont seine Landsleute nicht. Und das tut er in einer so deftigen, sinnlichen Sprache, dass man das Blut fast riechen kann, wenn die Sau geschlachtet wird.
Von Jens Tartler
| Mittelreich |
|---|
| Autor: Josef Bierbichler | Suhrkamp Verlag | 392 S. | 22,90 Euro |
| FTD-Bewertung: 4 von 5 Punkten |
Kohlendioxid ist heimtückisch. Am Totenmaar in der Eifel sammelt es sich nachts am Boden und erstickt nicht nur Kühe, sondern auch frei herumlaufende Umweltmanager. Die Natur schlägt zurück! Für die Polizei klingt das plausibel. Der Freund des Opfers hat daran seine Zweifel und beauftragt den Historiker Richard Romanoff mit der Verbrecherjagd.
Als der Fahrrad fahrende Mythensucher dem weitermordenden Müller auf die Schliche kommt, wird er selbst zum Werkzeug des Killers. Monika Geier hat bereits fünfmal erfolgreich Halbtagskommissarin Bettina Boll in die Spur geschickt. In ihrem neuen Krimi spinnen liebevoll skizzierte Nebenfiguren eher beiläufig die Handlung weiter. Die Autorin überrascht den Leser mit Bezügen auf das aktuelle Zeitgeschehen und unterhält ihn mit feinsinnigem Humor.
Von Dagny Rössler
| Müllers Morde |
|---|
| Autor: Monika Geier | Argument Verlag | 394 S. | 11,00 Euro |
| FTD-Bewertung: 5 von 5 Punkten |
Wenn der Klappentext eines Buches die Protagonisten als Pärchen ausweist, das sich vornimmt, "endlich erwachsen zu werden", dann verheißt das wenig Gutes. Tatsächlich dekliniert Sarah Kuttners zweiter Roman das in Pop-Feuilletons und Selbstfindungsblogs bereits leidlich diskutierte Dauerdrama entscheidungsängstlicher Langzeitjugendlicher erneut durch.
Flo und Luise wollen zusammenziehen und stellen auf einmal alles infrage: den Partner, den Job, sich - das Leben überhaupt. Gewiss werden sich viele Ex- und Noch-"Neon"-Leser in den kleinen und großen Beziehungsclinchdramen, die Kuttner ihr Berliner Pärchen durchleiden lässt, wiederfinden. Das aber macht den Roman nicht zu mehr als unterhaltsamer Einweglektüre für die U-Bahnfahrten zum aktuellen Prekariatsjob.
Von Christian Cohrs
| Wachstumsschmerz |
|---|
| Autor: Sarah Kuttner | S. Fischer Verlag | 280 S. | 16,99 Euro |
| FTD-Bewertung: 3 von 5 Punkten |
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Aus der FTD vom 11.01.2012
© 2012 Financial Times Deutschland,
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