Designer reduzieren Funktionen von Uhren auf das Wesentliche
Daneben aber überboten sich jahrelang Hersteller mit immer neuen Rekorden bei Ausmaß und Ausstattung ihrer Novitäten. Bei wachsendem Durchmesser verlangten die Zifferblätter nach mehr Indikationen und die Gehäuse nach entsprechender feinmechanischer Füllung. Zu den raffinierten Funktionen gehören Stoppvorrichtungen aller Art, umfangreiche Kalenderanzeigen und Spezialitäten wie Tauchtiefenmesser. Wichtig dabei: Eine Komplikation - und die Mehrausgabe dafür - rechtfertigt sich zumeist durch ihren praktischen Nutzwert, egal wie relevant der ist: "Damit kann ich auch Rundenzeiten nehmen", "bis 3000 Meter Tiefe", "Kerosinverbrauch pro Flugmeile".
Eine soziale Funktion haben die wuchtigen Instrumente gemeinsam: Sie sagen, manche ziemlich laut, etwas über ihren Träger aus. Sie zeigen seine sportlichen Aktivitäten zu Land, zu Wasser und in der Luft oder sie deuten mit einer Weltzeitindikation auf die seiner Unentbehrlichkeit geschuldeten Fernreisetätigkeit hin. Auch wenn dieser in Wirklichkeit nur ständig vom heimischen Schreibtisch aus überallhin telefonieren muss und mit seinem Taucherchrono nur am Beckenrand schnorchelt. Seine Uhr zeigt dem Träger, wie er sein will: dynamisch und jederzeit im Wettbewerb.
Das ist nicht schlecht, aber mancher mag so gar nicht sein und ist deshalb nicht nur aus ästhetischen Gründen glücklich über die wachsende Zahl dezenter Alternativen, wie sie in diesem Jahr fast jedes namhafte Haus anbieten kann. Jaeger-Le Coultre hat mit seiner ultradünnen Tribute to 1931 die schönste Reverso seit Langem gebaut; Audemars Piguet mit der extra flachen Jules Audemars eine Uhr für wirkliche Damen und wirkliche Herren, die keine Kurzzeiten stoppen müssen. Debütanten wie die schweizer Firma Zeitwinkel machen den totalen Schnickschnackverzicht gleich zu ihrem Markenzeichen. Nicht nur Kennern zeigen solche Uhren, dass der Träger einiges nicht nötig hat - zum Beispiel die Behauptung, dass alles, womit er sich umgibt, praktischen Nutzen habe.