Konfliktgleichung: Seit 1707 besteht die Union zwischen Schottland und England, jetzt will Edinburgh die Unabhängigkeit
Konservative und Liberaldemokraten ebenso wie die lang unangefochtene Labour-Party erlitten bei den Wahlen in Schottland böse Abreibungen. Vor allem aber Camerons Tories, vor 50 Jahren noch die Mehrheitspartei, gelten seit den Brachialreformen Margaret Thatchers als erledigt. So vergiftet ist der Markenname, dass einer der Bewerber um das Amt des regionalen Parteichefs vorschlug, die Partei unter anderem Namen neu zu gründen.
So stichelt Salmond gern und ausführlich Richtung Zentrale. Er freue sich schon auf zahlreiche Besuche Camerons, erklärte der Regionalfürst etwa: "Je häufiger er spricht, desto besser für die Unabhängigkeit." Der 57-jährige Stratege, der die Regierung in Edinburgh seit 2007 führt, will den britischen Staat "lieber ein guter Nachbar sein als ein mürrischer Mieter". Gestützt auf seine disziplinierte und hochmotivierte Partei hält der Ministerpräsident die Öffentlichkeit mit Slogans in Atem, die allesamt auf eines abzielen: den 5,2 Millionen, zur Depression neigenden Schotten Lebensfreude und Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten einzuflößen "Yes, we can", predigte die SNP schon 1997. "Scotland, it's starting" (Schottland, es geht los) heißt es neuerdings.
Zu Salmonds Erfolg trägt bei, dass er sich als national gesinnter Sozialdemokrat geriert und damit dem schottischen Mainstream entspricht. Sein Nationalismus gibt sich modern und weltoffen, im Fall der Unabhängigkeit will er umgehend der EU beitreten und die Queen als Staatsoberhaupt behalten.
Das Programm seiner SNP zur Landtagswahl im vergangenen Jahr enthielt das Versprechen einer Volksabstimmung. Während aber die Partei den Urnengang mit absoluter Mehrheit der Mandate triumphal gewann, stößt die Unabhängigkeit von London in Umfragen auf die Begeisterung von höchstens 40 Prozent der Befragten. Hingegen wünschen sich regelmäßig rund zwei Drittel größere Autonomie von London. Diese Diskrepanz sucht Cameron zu nutzen: "Im Herzen wollen die Schotten keine vollständige Trennung", sagt Premier Cameron. Schließlich stelle die 1707 eingegangene Union zwischen Schottland und England "eine der erfolgreichsten Partnerschaften weltweit" dar.
Salmonds Lieblingstermin für das Referendum ist dagegen wohl der 24. Juni 2014: Es wäre der 700. Jahrestag der Schlacht von Bannockburn, einem legendären Sieg der Schotten über die Engländer.