Nun hatten Post und die Gewerkschaft Verdi diesmal auch eine nahezu ideale Ausgangslage. Nach der Nullrunde im vergangenen Jahr und anderen Zugeständnissen im letzten Tarifstreit war beiden Seiten klar, dass die Arbeitnehmer nicht billig abgespeist werden durften. Und die Gewinnsituation des Unternehmens war ebenfalls komfortabel. Zweimal hat die Post 2011 ihre Ergebnisprognosen angehoben, die Aktionäre erwartet eine überdurchschnittliche Rendite. Da ist es schlichtweg angemessen, die Beschäftigten mit vier Prozent mehr Einkommen am Erfolg zu beteiligen.
Der Post-Abschluss markiert einen starken Start ins Tarifjahr. Auch wenn die Erhöhung nicht einfach auf andere Branchen übertragen werden kann, dürfte schon feststehen: 2012 wird für die Arbeitgeber nicht billig. Viele Arbeitnehmer haben das Gefühl, den Boom verpasst zu haben. Sie wissen um den hohen Cashbestand vieler deutscher Unternehmen und um deren hohe internationale Wettbewerbsfähigkeit. Daraus leiten insbesondere die Beschäftigten in den stark exportorientierten Branchen Metall und Chemie Ansprüche für den eigenen Geldbeutel ab.
Es könnte ein Wettlauf mit der Krise werden. Schlittert Deutschland tatsächlich in die Rezession, werden die Arbeitgeber den Beschäftigten das eine oder andere Prozent verwehren, das ihnen eigentlich zustehen würde. Wahrscheinlich gibt es ein Spiel auf Zeit - mit den alten Ritualen, die wir bei der Post so gar nicht vermissten.