Die Europäische Union droht Ungarn im Streit um mehrere neue Gesetze mit scharfen Sanktionen. Am Mittwoch warnte die EU-Kommission, es könnten Vertragsverletzungsverfahren in drei Fällen eingeleitet werden. Zudem erwägt die Behörde angesichts des hohen ungarischen Staatsdefizits, EU-Fördergelder in Milliardenhöhe zu sperren. Man hoffe aber, dass sich Ungarn selbst bewege, um die komplizierten und langwierigen Verfahren zu vermeiden. "Der Ball ist jetzt im ungarischen Feld", sagte eine Kommissionssprecherin.
Streit um die Notenbank
Beanstandet werden Gesetze, die die Unabhängigkeit der Zentralbank und des Verfassungsgerichts einschränken, sowie Mängel beim Datenschutz. Mit einem Vertragsverletzungsverfahren kann die EU Verstöße eines Mitgliedsstaats gegen Unionsrecht ahnden. Stellt der Europäische Gerichtshof einen Rechtsbruch fest, muss der verurteilte Staat reagieren.
Die Kommission versucht offenkundig, die aktuelle finanzielle Zwangslage Ungarns zu nutzen, um zumindest ihre Forderung nach Autonomie für die Notenbank auch ohne ein solches Verfahren durchzusetzen. Nachdem der Forint massiv an Wert verloren und die Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit herabgestuft hatten, war das Land an den Rand einer Staatspleite geraten. Die ungarische Regierung hatte sich daraufhin an die EU und den Internationalen Währungsfonds mit der Bitte um Finanzhilfen gewandt. Momentan liegen die Verhandlungen auf Eis. Ein "stabiles rechtliches Umfeld" und "demokratische Prinzipien" seien der beste Weg, um das Vertrauen der Investoren zu gewinnen, hieß es aus Brüssel.