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Merken   Drucken   11.01.2012, 20:15 Schriftgröße: AAA

Ungarn: Jetzt bloß nicht schwach werden

Leitartikel Die EU nutzt Ungarns Finanzkrise, um Viktor Orban endlich die Zähne zu zeigen: Wenn er nicht spurt, gibts kein Geld - und obendrein Vertragsstrafen. Jetzt darf sie sich nur nicht wieder mit Versprechen abspeisen lassen.
Die Schuldenkrise in Ungarn ist ...

 

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Die Europäische Union ist, wenn sie denn mal will, gar nicht so ein zahnloser Tiger, wie manche glauben. Das lässt sie gerade den ungarischen Regierungschef Viktor Orban spüren. Der hatte sich bisher dank seiner Zweidrittelmehrheit im ungarischen Parlament fast unangreifbar gefühlt. So unangreifbar, dass er in seinem Land innerhalb weniger Monate mal kurz an so ziemlich allem herumfuhrwerkte, was zum europäischen Wertekanon gehört: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Bürgerrechte, und, ja, auch die Unabhängigkeit der Notenbank stellte Orban plötzlich infrage.
Orbans nationalkonservative Partei Fidesz hat das eigene Land zur persönlichen Beute erklärt. Und sie versucht hemmungslos, ihre Macht zu festigen. Ein Zustand, der - nach einigen Anlaufschwierigkeiten - endlich auch die Europäische Union auf den Plan gerufen hat. Am Mittwoch nun bewies die EU-Kommission eindrucksvoll, dass sie im Umgang mit dem selbstherrlichen Orban auch anders kann. Sie zeigt jetzt ihre Folterwerkzeuge: Bis kommenden Dienstag muss sich Ungarn bei den umstrittenen Verfassungs- und Gesetzesänderungen bewegen, sonst folgen die schon angedrohten Vertragsverletzungsverfahren.
Wenn EU-Währungskommissar Olli Rehn gleich auch noch die Milliardenverteilmaschine namens Kohäsionsfonds für Ungarn stoppen will - ganz korrekt und offiziell wegen fehlender Haushaltsdisziplin -, dann ist das mehr als ein Warnschuss. Es ist die eindeutige Botschaft: Wer in unserem Klub mitmischen will, der hält sich gefälligst an die Spielregeln.
Ungarns prekäre Lage kommt der EU-Kommission sehr entgegen: Das Land steht kurz vor der Pleite und ist dringend auf das Wohlwollen internationaler Geldgeber angewiesen. Doch weder offizielle Institutionen wie der IWF noch die privaten Investoren goutieren, was Orban in und mit Ungarn treibt. Sie zögern, dem klammen Staat Geld zu leihen - genauso wie die EU. Deshalb ist die ungarische Regierung inzwischen kleinlaut und konziliant - anders als noch im Dezember. Das muss die Kommission ausnutzen und den Druck aufrechterhalten. Damit sich Ungarn wirklich bewegt - in puncto Notenbank-Unabhängigkeit wie auch Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Mit wortreich angekündigten Reförmchen, wie vor einem Jahr beim Mediengesetz, darf sich Brüssel nicht noch einmal abspeisen lassen.
Schwereres Geschütz, wie den von EU-Parlamentariern geforderten Entzug der Mitgliedsrechte für Ungarn, braucht es im Moment noch nicht. Die konsequente Verfolgung von Vertragsverstößen genügt. Denn manchmal reicht es schon, jemanden seine eigene Lage erkennen zu lassen. Und die möglichen Konsequenzen, wenn er mit dem Kopf durch die Wand will.
  • Aus der FTD vom 12.01.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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Kommentare
  • 12.01.2012 18:30:48 Uhr   Stefan Svec: Victor Orban

    Eine Frage an alle jene von Euch, die Orban und Fidesz so vehement verteidigen:
    Habt Ihr heute schon für den lieben Victor gebetet?
    Wenn nicht so habe ich eine gute Betvorlage für Euch:
    - http://pusztaranger.wordpress.com/2012/01/11/fidesz-bezirksburgermeister-beten-fur-viktor-orban/ - auf deutsch
    - http://kepviselofunky.blog.hu/2012/01/10/csepel_orban_viktor_imadsag - auf ungarisch

    Elyen a Magyar!

  • 12.01.2012 15:53:02 Uhr   Peter Lyssy: Schreckgespenst Orban
  • 12.01.2012 12:56:28 Uhr   HansWurst: Widerstand gegen EUdSSR
  • 12.01.2012 11:17:31 Uhr   paprika: Ungarn
  • 12.01.2012 10:18:24 Uhr   GMS: Beiträge
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