Die Europäische Union ist, wenn sie denn mal will, gar nicht so ein zahnloser Tiger, wie manche glauben. Das lässt sie gerade den ungarischen Regierungschef Viktor Orban spüren. Der hatte sich bisher dank seiner Zweidrittelmehrheit im ungarischen Parlament fast unangreifbar gefühlt. So unangreifbar, dass er in seinem Land innerhalb weniger Monate mal kurz an so ziemlich allem herumfuhrwerkte, was zum europäischen Wertekanon gehört: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Bürgerrechte, und, ja, auch die Unabhängigkeit der Notenbank stellte Orban plötzlich infrage.
Orbans nationalkonservative Partei Fidesz hat das eigene Land zur persönlichen Beute erklärt. Und sie versucht hemmungslos, ihre Macht zu festigen. Ein Zustand, der - nach einigen Anlaufschwierigkeiten - endlich auch die Europäische Union auf den Plan gerufen hat. Am Mittwoch nun bewies die EU-Kommission eindrucksvoll, dass sie im Umgang mit dem selbstherrlichen Orban auch anders kann. Sie zeigt jetzt ihre Folterwerkzeuge: Bis kommenden Dienstag muss sich Ungarn bei den umstrittenen Verfassungs- und Gesetzesänderungen bewegen, sonst folgen die schon angedrohten Vertragsverletzungsverfahren.
Wenn EU-Währungskommissar Olli Rehn gleich auch noch die Milliardenverteilmaschine namens Kohäsionsfonds für Ungarn stoppen will - ganz korrekt und offiziell wegen fehlender Haushaltsdisziplin -, dann ist das mehr als ein Warnschuss. Es ist die eindeutige Botschaft: Wer in unserem Klub mitmischen will, der hält sich gefälligst an die Spielregeln.