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21.12.2011, 19:27
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Skandale und Geldnot:
Solar Millennium ist pleite
Es ist die zweite Solarpleite in Deutschland binnen einer Woche. Solar Millennium beantragt Insolvenz. Das Unternehmen geriet nicht nur wegen seines Kurzzeit-Chefs Utz Claassen in die Schlagzeilen.
von Annette Berger und Kathrin Werner
Der wirtschaftlich angeschlagene Solarkraftwerk-Hersteller
Solar Millennium hat Insolvenz beantragt. Das teilte das Unternehmen am Mittwoch in Erlangen mit. Dessen Aktie sackte bis zum Abend um 60 Prozent auf 44 Cent ab.
Das Amtsgericht Fürth bestellt den Rechtsanwalt Volker Böhm zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Der Jurist habe sich noch am selben Tag ein Bild vom Unternehmen gemacht, teilte seine Anwaltskanzlei mit.
Böhm will zunächst prüfen, ob eine Fortführung der Geschäfte möglich sei. Ist dies der Fall, werde er sich um die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes bemühen, damit die monatlichen Gehälter pünktlich ausgezahlt werden können. Zugleich informierte er die Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung über die weiteren Schritte. Kurzfristig will Böhm Kontakt zu den wichtigsten Projekt- und Geschäftspartnern des Unternehmens aufnehmen.
Immer wieder schlechte Nachrichten verkündetNach dem Berliner Solarmodulhersteller
Solon, der vor einer Woche vor dem Amtsgericht in Charlottenburg einen Insolvenzantrag stellte, ist dies schon die zweite Pleite in der Branche binnen weniger Tage.
Kursinformationen und Charts
Die beiden Fälle werfen ein grelles Schlaglicht auf die Schwierigkeiten der deutschen Solarbranche, die gegen Überkapazitäten kämpft. Chinesische Anbieter drängen in den Markt, die öffentliche Förderung wurde gekürzt. Auch weltweit schreiben viele Solarunternehmen rote Zahlen.
Dramatisch ist beispielsweise die Lage vieler Firmen, die auf Photovoltaik spezialisiert sind, also eine andere Technik als die, die Solar Milllennium anwendet. Der Chef des deutschen Marktführers Solarworld, Frank Asbeck, erwartet, dass weltweit nur zehn von heute Hunderten Firmen überleben. In den USA wurden dieses Jahr schon fünf Solarfabriken geschlossen. Spektakulärstes Beispiel ist Solyndra - eine Blamage für die US-Regierung, die dem Konzern eine Bürgschaft in Höhe von 535 Mio. Dollar gegeben hatte. Auch der seit einer Woche insolvente Hersteller Solon hatte einst als Vorzeigeunternehmen der Branche gegolten - und reichlich Subventionen kassiert.
Die Pleite Solar Millenniums kam für Beobachter angesichts der Schwierigkeiten des Unternehmens wenig überraschend. Das Unternehmen hatte in den vergangenen Monaten immer wieder schlechte Nachrichten verkündet, vor allem mit Blick auf Großprojekte in den USA. Auch bei einem Kraftwerk in Spanien gab es Schwierigkeiten mit der Finanzierung.
Teil 2: Reichlich Skandale
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FTD.de, 21.12.2011
© 2011 Financial Times Deutschland,
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