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11.01.2012, 06:00
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Open Space-Konzept:
Ein Büro für Alle
Statt eigenem Schreibtisch suchen sich Mitarbeiter in einem Open-Space-Büro immer das Plätzchen, das gerade am besten zu ihren Bedürfnissen passt. Zwischen Silent Box und Meeting Point entsteht so eine neue Unternehmenskultur.
von Konrad Daubek
Thomas Dreesen ist häufig auf Geschäftsreise. Als Public-Affairs-Manager des Wasserfilterherstellers Brita in Taunusstein bei Wiesbaden fährt er zu Forschungskongressen und trifft sich mit Vertretern von Trinkwasserverbänden. Doch auch in seinem Büro ist Dreesen viel unterwegs. Zum Telefonieren geht er in eine Silent Box aus Glas, zum Kopieren läuft er zum Service-Point und wenn ihm nach Kaffee ist, geht es in Richtung Meeting Point, wo ein Sofa zum Entspannen einlädt. Trifft er unterwegs einen netten Kollegen, legt er an einem Brita-Talk-Spot einen Zwischenstopp ein, setzt sich dort auf einen der Barhocker und stellt auf einem der Stehtische seine Kaffeetasse ab. "Hier kann man mal kurz kleinere Besprechungen abhalten und ein bisschen quatschen", sagt Dreesen.
Ursprünglich stammt das Open-Space-Konzept von Google
Open Space heißt die Büroform, die Dreesen immer in Bewegung hält: Eine durchgehende Bürofläche ohne Wände und nur durch die Möblierung in einzelne Bereiche geteilt. In manchen Unternehmen haben die Mitarbeiter nicht mal mehr einen eigenen Schreibtisch. Wer ständig auf Geschäftsreise ist, braucht schließlich keinen festen Arbeitsplatz. Ihre Unterlagen karren die Kollegen in kleinen Rollcontainern an einen Schreibtisch, der gerade frei ist. Deshalb braucht die neue Büroform meist sogar weniger Platz als herkömmliche Zellenbüros.
Zahlreiche Unternehmen haben bereits umgestelltSkeptiker kritisieren, dass die Mitarbeiter in solch einem Büro den ganzen Tag orientierungslos umherirren. Unternehmenchefs, die das neue Konzept umgesetzt haben, halten dem entgegen, dass im Open-Space-Büro jeder Mitarbeiter nach seiner Fasson glücklich werden soll - egal ob auf dem Sofa, an der Espresso-Bar oder während eines lockeren Gesprächs beim Kickern. Und gesund soll das ganze auch noch sein. Wer nicht den ganzen Tag in der gleichen Position am Schreibtisch hockt, schont schließlich seinen Rücken.
Großraumbüros können bereits mit kleinen Veränderungen angepasst werden
Doch bei der neuen Raumordnung geht es nicht nur ums psychische und physische Wohl der Mitarbeiter, sondern auch um handfeste unternehmerische Interessen. Laut einer aktuellen Umfrage des Verbands Büro-, Sitz- und Objektmöbel (BSO) erwartet die Mehrheit der deutschen Unternehmer, dass die offene Raumgestaltung das eigenverantwortliche und kreative Arbeiten sowie die Teamarbeit fördert. Schon einige große Unternehmen haben wegen dieser hohen Erwartungen die Bürozellen abgeschafft. Dazu zählen unter anderem die Deutsche Bank und die Deutsche Telekom genauso wie ThyssenKrupp und BMW.
Chefs mittelständischer Unternehmen zögern aber noch, das ursprünglich von Google ins Leben gerufene Konzept zu übernehmen. Barbara Schwaibold, Pressesprecherin des Verbands BSO, sagt: "Genaue Daten gibt es nicht, aber die Zahl der Mittelständler, die in einem Open Space arbeiten, ist noch sehr klein." Und sie nennt einen möglichen Grund für die Zurückhaltung: "Viele Unternehmer scheuen die Komplikationen, die mit einem solchen Umbau verbunden sind." Sie könnten es sich nicht leisten, für die Umbauphase Ausweichfläche anzumieten oder den Betrieb pausieren zu lassen.
Teil 2: Äußerlichkeiten garantieren keinen Erfolg
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FTD.de, 11.01.2012
© 2012 Financial Times Deutschland,
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