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24.08.2011

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Stichwahl um Präsidentenamt in Peru
Stichwahl in Peru

Fujimoris Tochter greift nach dem Präsidentenamt

Ihr Vater sitzt wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und Korruption im Gefängnis, nun möchte seine Tochter Staatsoberhaupt von Peru werden. Keiko Fujimori tritt bei der Stichwahl um Perus Präsidentenamt gegen den Linksnationalisten Ollanta Humala an. Der Wahlkampf hat das Volk tief gespalten.

Von Julio Segador, ARD-Hörfunkstudio Südamerika

Keiko Fujimori (links) und Ollanta Humala nach einem Fernsehduell. (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Keiko Fujimori (links) und Ollanta Humala nach einem Fernsehduell. ]
Peru hat den intensivsten Wahlkampf seiner Geschichte erlebt, ein Wahlkampf der geprägt war von Angriffen, Beleidigungen und Versprechungen. Keiko Fujimori tritt in der Stichwahl am Sonntag gegen Ollanta Humala an - zwei völlig gegensätzliche Kandidaten, die sich nichts geschenkt, aber eines geschafft haben: Das peruanische Volk ist gespalten wie selten zuvor. Bei der ersten Wahlrunde Anfang April waren die rechtskonservative Keiko Fujimori und der Linksnationalist Ollanta Humala nur in die Stichwahl gekommen, weil sich die bürgerlichen Kandidaten gegenseitig die Stimmen raubten. Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa brandmarkte diese Konstellation und nannte die Alternative zwischen Fujimori und Humala eine "Wahl zwischen Aids und Krebs".

Dennoch hat sich der peruanische Autor inzwischen für einen Kandidaten stark gemacht, für Humala. Fujimori werde nur den autoritären Kurs ihres Vaters Alberto Fujimori fortsetzen, erklärte Vargas-Llosa: "Wenn die Tochter eines verhafteten Diktators wirklich die Möglichkeit hat, in Peru Präsidentin zu werden, wäre das eine wahre Katastrophe für unser Land", sagt er.

Alberto Fujimori, der ehemalige Präsident Perus, wurde wegen Menschenrechtverletzungen und Korruption zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Humala hat dies im Wahlkampf immer wieder thematisiert und Fujimori damit unter Druck gesetzt.

"Besuchen Sie Alberto im Gefängnis."

"Auf den Wahlplakaten sieht man ihr Gesicht, aber auch das ihres Vaters", kritisiert Humala. "Und sie sagen den Menschen, wählen sie beide. Allerdings ist einer der beiden wegen Korruption und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinter Gittern. Ihr Clan hat viel Geld geraubt. Ich frage mich: Werden sie den Batzen Geld, den sie dem peruanischen Volk geraubt haben, irgendwann zurückgeben? Und wie stehen sie zu denen, die dieses Geld raubten?"

Keiko Fujimori wirbt auch mit dem Bild ihres Vaters. (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Keiko Fujimori wirbt auch mit dem Bild ihres Vaters - wie auf diesem Plakat. ]
Fujimori hat sich im Wahlkampf ausdrücklich zu ihrem Vater bekannt. Alberto Fujimori hat bei nicht wenigen Peruanern bis heute einen guten Namen. In der TV-Debatte, die geprägt war von persönlichen Attacken, wählte die 36-jährige den Gegenangriff auf Humala: "Sie sind angeklagt und auch bereits verurteilt, weil Sie in Prozessen in denen es um Menschenrechtsverletzungen ging, Zeugen bestochen haben", warf sie ihm vor. Und weiter betonte sie: "Ich will Ihnen ganz deutlich sagen, ich bin die Kandidatin. Nicht Alberto Fujimori steht zur Wahl. Wenn Sie sich mit mir auseinandersetzen wollen, dann äußern Sie sich zu meinen politischen Konzepten. Wenn Sie sich mit Alberto Fujimori auseinandersetzen wollen, dann besuchen Sie ihn im Gefängnis. Sollte ich zur Präsidentin Perus gewählt werden, werde ich die Entscheidungen treffen."

Beide buhlen um die Indios

Thematisch haben sich beide Kandidaten im Wahlkampf unterschiedlich positioniert. Fujimori verspricht eine Verbesserung der Sicherheitslage und einen härteren Kampf gegen die Kriminalität. Damit knüpft sie auch an den Kurs ihres Vaters an, der vor allem auf einen starken Polizeistaat setzte und unter anderem die Terrororganisation "Leuchtender Pfad" bekämpfte. Humala hingegen profitiert von der tiefen Unzufriedenheit in der peruanischen Bevölkerung. Das Land verbucht seit Jahren ein hohes Wirtschaftswachstum, doch bei den Menschen kommt nur wenig an. Humala ist der Kandidat, der das Protestvotum kanalisiert hat.

Beide, Fujimori und Humala, warben intensiv um die Stimmen der indigenen Bevölkerung. Die Situation der Indios in Peru ist deprimierend. Ein Großteil der Indios, die immerhin die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, lebt in bitterer Armut. Vor neun Jahren führte eine Gebietsreform dazu, dass die sozialen Brüche noch größer wurden. Fujimori sagt, sie wolle dies wieder ändern - sollte sie bei der Stichwahl erfolgreich sein: "Früher hatten die Zentren in den entlegenen Regionen politische Autonomie. Sie hatte ihre eigene Finanzverwaltung und konnten selbstständige Entscheidungen treffen. Ich will es den indigenen Gemeinschaften wieder ermöglichen, ihre Gelder selbst zu verwalten", verspricht sie. "Das ist die einzige Möglichkeit, unser Land wieder zu dezentralisieren."

Manche befürchten einen Linksruck

Eine Figur, die Anhänger Humalas gebaut haben. (Foto: dapd) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Eine Figur, die Anhänger Humalas gebaut haben. ]
Fujimori ist nicht die Einzige, die die Stimmen der Indios im Blick hat. Ihr Kontrahent verbuchte bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl Anfang April die meisten Stimmen der indigenen Bevölkerung. Humala, ein Mestize, dessen Vorname nach einer Inka-Sagengestalt benannt ist, setzt sich seit geraumer Zeit für die Indios ein. Auch er will die Benachteilung dieser Bevölkerungsgruppe verringern.

Humala hofft, dies vor allem durch eine bessere Verkehrsinfrastruktur zu erreichen. Denn bisher sind die Indios weitgehend von den Zentren des Landes abgeschnitten. "Wir planen den Bau durchgehender Transversalen, die es ermöglichen, den Dschungel, die Savanne und die Küste mit den Ballungszentren zu verbinden", sagt er. "Dazu muss der Staat endlich die gesamte Infrastruktur ausbauen, also das Eisenbahnnetz, Straßen, Flughäfen und Schiffshäfen."

Anfangs radikal - mittlerweile entschärft

Sollte Humala gewählt werden, befürchten nicht wenige einen Linksruck im Land, nach dem Vorbild von Bolivien oder Ecuador. In beiden Ländern gaben die neugewählten Präsidenten Evo Morales und Raffael Correa den Indios mehr Rechte, was allerdings zum Teil mit einer Diskriminierung der weißen Bevölkerung einher ging. Humala hatte anfangs in seinem Wahlprogramm radikale Ansichten, hat aber inzwischen seine Thesen entschärft. Er spricht von einem Ausgleich und von Versöhnung zwischen den Bevölkerungsgruppen.

Salomon Lerner, der ehemalige Vorsitzende der Wahrheitskommission in Peru, glaubt nicht, dass es zu einem Linksruck in dem Land kommt. "In Bolivien und Ecuador ist die indigene Bevölkerung gebildeter als in Peru. Sie ist besser organisiert und das hat sich auch auf den politischen Kampf in diesen Ländern ausgewirkt", erklärt er. "Und die Tatsache, dass die Hauptstädte in den beiden Ländern, La Paz und Quito, in den hochgelegenen Savannen liegen, hat auch damit zu tun. Das sind Hochburgen der Indios. Lima ist anders: Eine Küstenstadt am Pazifik, die sich dem Ausland zuwendet, im Osten eingerahmt von den Anden. Dahinter kann man die indigene Bevölkerung, die seit der Kolonialzeit schlecht behandelt wurde, gut verstecken."

Die letzten Umfragen sagen für die Stichwahl am Sonntag ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Allerdings ist noch jeder fünfte Wähler in Peru unentschlossen. Beide Kandidaten werden versuchen, bei dieser Wählergruppe noch einmal entscheidend zu punkten.

Stand: 07.08.2011 04:37 Uhr
 

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