Ermittlungen des kanadischen Kartellamts haben neue Einzelheiten über mutmaßliche Zinsmanipulationen durch internationale Großbanken ans Licht gebracht. Neben einer Reihe von Geldhäusern, darunter die
Deutsche Bank , wird auch der weltgrößte Derivatemakler ICAP einer Mitwirkung an illegalen Absprachen beschuldigt. Das geht laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg aus bislang unveröffentlichten Dokumenten hervor, die das Kartellamt im Mai bei einem Gericht in Ontario einreichte.
Unter Berufung auf eine nicht identifizierte Bank heißt es in dem Papier, die Institute hätten mit den Zinsmanipulationen den Ausgang von Finanzwetten auf diese Referenzpreise beeinflussen wollen. Über entsprechende Verdachtsmomente hatte die Financial Times bereits am Montag berichtet. In dem kanadischen Dokument werden neben der Deutschen Bank und ICAP die US-Banken
Citigroup und
JP Morgan Chase , die britischen Geldhäuser
HSBC und
Royal Bank of Scotland und das englische Brokerhaus RP Martin genannt.
Ermittlungen in Nordamerika, Europa und Japan
Die EU-Kommission sowie die Aufsichtsbehörden der USA, Japans und Großbritanniens ermitteln seit Monaten in der Angelegenheit. Zu Monatsbeginn stieg auch die Schweizer Wettbewerbskommission in die Untersuchung ein. Sie überprüft neben den bereits genannten Banken auch die heimischen Geldhäuser
UBS und
Credit Suisse sowie die französische
Société Générale , die niederländische Rabobank und die drei japanischen Institute Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ, ,
Mizuho Financial Group und Sumitomo Mitsui Banking Corporation.
Die Ermittlungen konzentrieren sich auf den in London ermittelten Zinssatz Libor (London Interbank Offered Rate). Dabei handelt es sich um einen Referenzpreis für Kredite zwischen Banken, der vom britischen Bankenverband börsentäglich für insgesamt zehn Währungen ermittelt wird, darunter Dollar, Pfund, Euro und Yen. Je nach Währung melden bis zu 18 Banken den Zinssatz, zu dem sie Gelder anderer Institute angeboten bekommen für die Dauer von maximal einem Jahr. Aus den gemeldeten Daten wird dann ein Durchschnittswert ermittelt.
Gerüchte über manipulierte Libor-Sätze kursieren schon seit Ausbruch der Finanzkrise. Banken sollen bewusst niedrige Zinsen gemeldet haben, um den Eindruck zu vermeiden, Wettbewerber würden ihnen nur noch zu hohen Konditionen Geld leihen, weil sie ihre Finanzkraft anzweifeln. Doch offenbar schwindelten Banken nicht nur, um günstig Kredite zu kommen. Sie wollten auch den Ausgang von Finanzwetten beeinflussen.