Wer griechische Anleihen hält, muss sich entscheiden, ob er am Schuldenschnitt teilnimmt. Die Details der Offerte im Überblick. von Thomas Strohm
Die Frist läuft. Seit Freitag liegt das Angebot zum Schuldenschnitt in Griechenland vor. Bis 8. März haben die Gläubiger nun Zeit, darauf einzugehen - auch deutsche Privatanleger.
Anleihen des griechischen Staates, die vor 2012 ausgegeben wurden und eine Laufzeit von über einem Jahr haben, können getauscht werden. Die Nummern der Wertpapiere listet das griechische Schatzamt im Internet (www.greekbonds.gr) auf.
Das Volumen summiert sich auf 206 Mrd. Euro. Der Großteil, 177 Mrd. Euro, sind Anleihen, die nach griechischem Recht emittiert wurden. Der Rest verteilt sich etwa auf nach britischem Recht ausgegebene Staatsanleihen und staatlich garantierte Anleihen von öffentlichen Unternehmen - der griechischen Bahn OSE, des Athener Nahverkehrs OASA und der Rüstungsfirma EAS.
Die Privatgläubiger sollen auf 53,5 Prozent ihrer nominalen Forderungen verzichten. Weil nicht nur der Nennwert sinkt, sondern die Laufzeit verlängert und der Zins gekürzt wird, sind die tatsächlichen Einbußen weit größer, sie liegen bei rund 74 Prozent.
Wer eine Anleihe mit Nennwert 1000 Euro hat, bekommt mehrere neue Wertpapiere. Erstens eine nach englischem Recht emittierte Anleihe des griechischen Staates über 315 Euro mit Laufzeit bis 2042 und gestaffelten Zinskupons; bis 2015 gibt es zwei Prozent jährlich, bis 2020 drei Prozent, 3,65 Prozent 2021, 4,3 Prozent ab 2022. 2022 beginnt die Rückzahlung, jedes Jahr werden fünf Prozent getilgt.
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Zweitens gibt es einen Besserungsschein: Er bringt ab 2015 bis zu ein Prozent zusätzlich Zins, wenn die griechische Wirtschaft im Vorjahr bestimmte Schwellen erreicht hat. Drittens gibt es einen Zinsschein des Rettungsschirms EFSF, der aufgelaufene Stückzinsen der alten Anleihen begleicht. Viertens gibt es EFSF-Anleihen über 150 Euro; die Hälfte der Papiere läuft ein Jahr, der Rest zwei Jahre. Der Zinssatz wird bei Emission mitgeteilt, er dürfte aber ein Prozent jährlich kaum überschreiten.
Die griechischen Anleihen sind von der weiteren Entwicklung des Landes abhängig und deshalb risikobehaftet. Die EFSF-Papiere sind sicher. Sie stellen die vereinbarte Absicherungsleistung über 30 Mrd. Euro dar, können problemlos verkauft werden und dürfen deshalb als Barleistung betrachtet werden.
Ungefähr so freiwillig wie ein Geständnis in der spanischen Inquisition, sagt Commerzbank-Chef Martin Blessing. Soll heißen: Formal mag er freiwillig sein, tatsächlich ist der Druck auf Banken und Versicherer vonseiten ihrer Verbände und der Politik so hoch, dass sie sich der Teilnahme kaum entziehen können. Anders sieht es etwa bei Hedge-Fonds und Kleinanlegern aus.
Für den Fall, dass nicht ausreichend Anleihen getauscht werden, um die angestrebte Entlastung zu erreichen, hat die griechische Regierung vorgesorgt und vorige Woche per Gesetz neue Vertragsklauseln, Collective Action Clauses, in die nach griechischem Recht emittierten Staatsanleihen eingefügt. Mit ihnen können alle Anleger zum Tausch verpflichtet werden. Vorausgesetzt, dass - gemessen am Nennwert der Anleihen - mindestens die Hälfte der Gläubiger auf das Angebot antwortet. Stimmen davon mindestens 66 Prozent für den Tausch, greifen die Klauseln. Ob sie aktiviert werden, ist eine politische Entscheidung. Viele Beobachter rechnen fest damit, andere sehen sie als Drohkulisse. Die restlichen Anleihen der Offerte haben meist seit Emission ähnliche Klauseln; hier ist je nach Papier die Zustimmung von 66 oder 75 Prozent nötig.
Die Erläuterungen zur Offerte können wie folgt interpretiert werden: Tauschen, gemessen am Nennwert aller von der Offerte betroffenen Anleihen, über 90 Prozent der Gläubiger ihre Papiere, verzichtet die griechische Regierung auf Zwang. Liegt die Quote zwischen 75 und 90 Prozent, hält sich Athen die Möglichkeit des Zwangs offen. Werden 75 Prozent nicht erreicht, kommt es darauf an, ob die erforderlichen Mehrheiten erreicht wurden, um die Zwangsklauseln zu ziehen.
Es gibt durchaus eine Chance, dass Anleger, die spekulativ im März oder im Mai auslaufende Papiere gekauft haben, den vollen Nennwert samt Zinsen bekommen. Angesichts zuletzt abenteuerlich hoher möglicher Renditen musste aber jedem Käufer klar sein, dass das Risiko sehr groß ist, bis hin zum Totalverlust. Kleinanleger halten Schätzungen zufolge nur ein Prozent der Anleihen.
Ein Großteil ist im Besitz von Banken und Versicherern, eine hohe Beteiligungsquote scheint möglich. Die Kurse sprechen allerdings eine andere Sprache: Die Märzanleihe notierte am Freitag bei 29 Prozent - der Barwertverlust von über 70 Prozent wird vorweggenommen. Wer nicht mit Griechenland-Anleihen zockt, sondern sie als Geldanlage gekauft und nicht rechtzeitig wieder losgeschlagen hat, muss sich schon eher mit der Offerte anfreunden. Anlegerschützer jedenfalls raten bei den Staatspapieren, die noch einige Jahre laufen, zum Tausch.
Wer die betreffenden Anleihen im Depot hat, dürfte diese Woche Post von seiner Bank bekommen. Beim Onlinebroker Comdirect beispielsweise hat man sich dafür gewappnet - die Verantwortlichen geben sich überzeugt, den Kunden trotz der äußerst knapp bemessenen Zeit rechtzeitig das Angebot schicken zu können.
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