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Merken   Drucken   28.02.2012, 13:16 Schriftgröße: AAA

Interview: "Insolvenz bleibt ein Stigma"

Diesen Donnerstag tritt die Insolvenzrechtsreform ESUG in Kraft, kriselnde Firmen sollen dadurch leichter saniert werden können. Das Gesetz wird von Experten sehr gelobt. Moritz Brinkmann, Professor an der Universität Bonn, ist einer der wenigen Skeptiker. von Katharina Peuke
FTD: Das ESUG wird schon jetzt als große Zeitenwende gefeiert. Sie gehören zu den Kritikern. Warum?
Moritz Brinkmann Ja, ich bin wirklich skeptisch. Das ESUG ist nur für Großverfahren interessant. Auch die Eigenverwaltung strauchelnder Unternehmen, die ja ausdrücklich erleichtert werden soll, ist in der Praxis nur für Großunternehmen sinnvoll. Für die Masse der Kleinverfahren ist es problematisch, dem Schuldner, der oft selbst die Insolvenz verursacht hat, die Sanierung anzuvertrauen.
Prof. Moritz Brinkmann   Prof. Moritz Brinkmann
Wann kann diese Eigenverwaltung erfolgreich sein?
Brinkmann In der Vergangenheit haben in einzelnen Fällen größere Unternehmen zu Beginn der Eigenverwaltung die Geschäftsleitung ausgetauscht und damit gute Erfahrungen gemacht. Häufig besteht diese dann aus Experten, die Erfahrung mit Insolvenzen haben. Das kann dem Unternehmen wirklich helfen. In so einem Fall halte ich die Eigenverwaltung sogar für sinnvoll. Nur kommt das in der Realität vor allem bei Großinsolvenzen vor. Die Zahlen sprechen gegen eine gute Prognose. In der Vergangenheit haben gerade mal 0,5 Prozent der insolventen Unternehmen mit einer Eigenverwaltung gearbeitet.
Hat das Gesetz nur große Unternehmen im Blick?
Brinkmann Ja. Das Gesetz sieht die Eigenverwaltung als neuen Regelfall. Hier zeigt sich eine gewisse Sanierungseuphorie. Verständlich ist das. Die Insolvenz bleibt für Unternehmen ein Stigma. Ich bezweifele, dass die neuen Regeln das ändern. Auch künftig werden darum gerade kleine Firmen so lang wie möglich den Gang zum Insolvenzgericht hinauszögern.
Stecken im ESUG auch gute Ideen?
Brinkmann Gewiss. Die Regeln zum Planverfahren und die Stärkung der Gläubigerrechte sind zu begrüßen. Eine starke Mitbestimmung der Gläubiger ist gerecht, schließlich sind sie die Leidtragenden einer Insolvenz. Allerdings will das Gesetz, dass der Gläubigerausschuss einstimmig einen Sachwalter nennt, den das Gericht dann bestellt. Das erfordert Kooperation zwischen Gläubigern und Gerichten. Erfahrene Insolvenzgerichte werden sich darauf einstellen. Kleine Gerichte könnten da meiner Meinung nach Schwierigkeiten haben. Es bleiben also auch viele praktische Fragen offen.
  • FTD.de, 28.02.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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