Denis Kessler ist Vorstandsvorsitzender des Rückversicherers Scor
In Unternehmensbilanzen erscheint auf der Aktiva-Seite der "Goodwill", ein immaterieller Vermögensposten, der meist die Differenz zwischen dem Erwerbspreis eines Unternehmens und den materiellen Vermögenswerten ist, die vor dem Erwerb in der Bilanz standen. Seit Anfang der Finanzkrise tendiert der Markt dahin, diesen Mehrwert bei der Bewertung eines Unternehmens außer Acht zu lassen.
Einmal mehr bewahrheitet sich, dass man nur glaubt, was man sieht, beziehungsweise was man greifen kann. Mutmaßliche Vermögenswerte haben an Bedeutung verloren. Vielmehr müssen jetzt alle außerbilanziellen Elemente wie Kautionen, Garantien und jegliche Versprechungen, die nicht direkt auf der Passiva-Seite auftauchen, identifiziert werden und der Markt davon Kenntnis erhalten.
Diese Argumentation kann auf die politische Ebene übertragen werden. Die Bürger haben in den vergangenen Jahren von dem äußerst schwachen Wirtschaftswachstum nicht viel zu sehen bekommen. Welch ein Kontrast zu den asiatischen und südamerikanischen Ländern, die sich auf hohe Wachstumszahlen stützen können, was sich in Großbauprojekten, allgegenwärtigen Baustellen, Häfen, Gebäuden, Fabriken etc. äußert. Investitionen dominieren den Großteil privatwirtschaftlicher und öffentlicher Entscheidungen in diesen Ländern. Das Wachstum springt einem an jeder Straßenecke ins Auge, die tiefgehende Umwandlung dieser Länder setzt sich ständig fort. Das Wachstum beruht dabei auf einer Art Pakt und gestaltet sich wie ein positiver Kreislauf, bei dem die Bürger sparen und Unternehmen und Staat investieren.