Prof. Moritz Brinkmann
Wann kann diese Eigenverwaltung erfolgreich sein?
Brinkmann In der Vergangenheit haben in einzelnen Fällen größere Unternehmen zu Beginn der Eigenverwaltung die Geschäftsleitung ausgetauscht und damit gute Erfahrungen gemacht. Häufig besteht diese dann aus Experten, die Erfahrung mit Insolvenzen haben. Das kann dem Unternehmen wirklich helfen. In so einem Fall halte ich die Eigenverwaltung sogar für sinnvoll. Nur kommt das in der Realität vor allem bei Großinsolvenzen vor. Die Zahlen sprechen gegen eine gute Prognose. In der Vergangenheit haben gerade mal 0,5 Prozent der insolventen Unternehmen mit einer Eigenverwaltung gearbeitet.
Hat das Gesetz nur große Unternehmen im Blick?
Brinkmann Ja. Das Gesetz sieht die Eigenverwaltung als neuen Regelfall. Hier zeigt sich eine gewisse Sanierungseuphorie. Verständlich ist das. Die Insolvenz bleibt für Unternehmen ein Stigma. Ich bezweifele, dass die neuen Regeln das ändern. Auch künftig werden darum gerade kleine Firmen so lang wie möglich den Gang zum Insolvenzgericht hinauszögern.
Stecken im ESUG auch gute Ideen?
Brinkmann Gewiss. Die Regeln zum Planverfahren und die Stärkung der Gläubigerrechte sind zu begrüßen. Eine starke Mitbestimmung der Gläubiger ist gerecht, schließlich sind sie die Leidtragenden einer Insolvenz. Allerdings will das Gesetz, dass der Gläubigerausschuss einstimmig einen Sachwalter nennt, den das Gericht dann bestellt. Das erfordert Kooperation zwischen Gläubigern und Gerichten. Erfahrene Insolvenzgerichte werden sich darauf einstellen. Kleine Gerichte könnten da meiner Meinung nach Schwierigkeiten haben. Es bleiben also auch viele praktische Fragen offen.