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Merken   Drucken   02.03.2012, 17:11 Schriftgröße: AAA

Portfolio: Spekulieren mit und ohne Stempel

Der Markt für Briefmarken schrumpft. Nur außergewöhnlich seltene Exemplare und Spezialgebiete versprechen Wertzuwachs. von Martin Reim
Beim Blick auf die Grafik scheint die Welt für Briefmarkensammler in Ordnung zu sein. Der monatlich festgelegte SG 100 Stamp Index markierte zuletzt mal wieder ein Rekordhoch und hat sich damit seit Start im Jahr 2000 glatt verdoppelt (siehe Grafik). Doch ist der Aussagewert des Barometers begrenzt, zumindest für den Durchschnittsphilatelisten in Mitteleuropa. Denn der Index wird überwiegend aus der Wertentwicklung von Briefmarken aus englischsprachigen Ländern errechnet. Und dort auch nur auf Basis von 100 Spitzenstücken.
Für deutsche Marken gibt es keinen solchen Index. Doch auch so ist klar: Die Lage sieht wesentlich schlechter aus, zumindest bei den auflagenstarken Stücken der vergangenen Jahrzehnte. "Massenware ist billig und wird es immer bleiben", sagt Oskar Klan, Chefredakteur der einflussreichen "Michel"-Kataloge. Generell schrumpfe der Markt. "Alte Sammler sterben weg, junge wachsen nicht genügend nach", so Klan. Auch verschwänden Briefmarken im Zeitalter von E-Mail und automatischen Stempelmaschinen immer mehr aus dem öffentlichen Bewusstsein. "Niemand wird etwas sammeln, von dem er nicht einmal weiß, dass es existiert", beklagt Klan. Aus seiner Sicht ist noch keine generelle Bodenbildung der Preise erkennbar. Immerhin gebe es bei manchen deutschen Spitzenwerten des 19. Jahrhunderts einen Aufwärtstrend.
Von Rekord zu Rekord: SG 100 Stamp Index in Punkten   Von Rekord zu Rekord: SG 100 Stamp Index in Punkten
Bewegung in diesem Segment sieht auch Gerd Bennewirtz, geschäftsführender Gesellschafter von SJB Fondsskyline. Die Firma ist nach eigenen Angaben der einzige Vermögensverwalter in Deutschland, der Geld auch in Postwertzeichen investiert: "Die Flucht in Sachwerte zeigt auch bei altdeutschen Ausgaben Wirkung." Beispiel: der sogenannte Syke-Brief, der vor gut einem Jahr versteigert wurde. Ein Amtshauptmann in Syke nahe Bremen hatte 1872 auf einige Umschläge nur halbierte Stücke geklebt. Eines dieser Exemplare, das auch noch einen besonderen Stempel trug, hatte einen Ausrufpreis von 120.000 Euro - und erzielte inklusive Gebühren mehr als doppelt so viel. Es war damit eines der teuersten deutschen Stücke der vergangenen Jahrzehnte.
Aus Bennewirtz' Sicht lassen sich daran zwei Dinge ablesen. Erstens: "Details können immense Unterschiede ausmachen." Eine unzerschnittene Version der Syke-Marke ist für gerade mal 2 Euro zu haben. Zweitens steigern Besonderheiten die Begehrlichkeit. "Entscheidend für die Chance auf Wertentwicklung ist die Einzigartigkeit des Objekts", sagt Bennewirtz.
Als Geldanlage empfiehlt er für Einsteiger mit einem Einsatz bis 5000 Euro kleinere exklusive Sammlungen mit dem Schwerpunkt altdeutsche Staaten (vor 1871), Deutsches Reich (bis 1945) oder Bundesrepublik Deutschland (ab 1949). Für Aufsteiger (bis 20.000 Euro) hält er insbesondere Einzelstücke aus deutschsprachigen Sammelgebieten für angemessen, etwa Briefe mit seltenen Frankaturen. Profis (ab 20.000 Euro) rät er zu kompletten Kollektionen mit einem klaren Fokus, etwa auf erstklassige Stempel. Alternative: Spezialsammlungen rund um einzelne Markenausgaben.
Spezialkonjunktur bei Asien-Marken
Eine Art Spezialkonjunktur sieht "Michel"-Chefredakteur Klan bei Exemplaren aus Schwellenländern, namentlich aus China, Vietnam, Indien, den Golfstaaten und Russland. Und auch bei aktuellen deutschen Ausgaben ist nicht jede Spekulation zum Scheitern verurteilt. Mehrmals pro Jahr erscheinen Marken, bei denen für wohltätige Zwecke Zuschläge auf den Portopreis fällig sind. Weil sie beim Publikum unbeliebt sind, ist die Stückzahl zuletzt immer weiter gesunken. Mittlerweile sind manche Auflagen so gering wie seit den Anfangsjahren der Bundesrepublik nicht mehr.
Während Stücke von damals teilweise beim Dutzend- bis Hundertfachen ihres Ausgabepreises notieren, bewegt sich bei den aktuellen Ausgaben noch wenig. Eine Sporthilfemarke aus dem 2008 (Postpreis: 65 Cent), die lediglich gut eine Million Mal gedruckt wurde - damit war sie zu diesem Zeitpunkt die zweitknappste Marke in der bundesdeutschen Geschichte -, ist im aktuellen "Michel"-Katalog mit 1,50 Euro verzeichnet. Die seltenste Marke aus dem Jahr 1951 (Postpreis: 40 Pfennig) notiert in postfrischem Zustand bei 110 Euro. Im Fall der Sportmarke warnt Klan vor zu großen Erwartungen auf einen schnellen Preisanstieg: "Mit Briefmarken ist es wie mit Dauer-Lottoscheinen: Bei manchen klappt es schon in der ersten Woche, bei den meisten nie."
  • FTD.de, 02.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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