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Merken   Drucken   02.03.2012, 10:00 Schriftgröße: AAA

DFB-Präsident: Berufsfunktionär par excellence

Am Freitag löst Wolfgang Niersbach Theo Zwanziger als Präsident des DFB ab. Sicher ist derzeit nur eins: Der weltgrößte Sportverband wird gelenkt von einer Sphinx. von Stefan Osterhaus, Berlin
Die Schnittmenge von Fußball und Politik, das ist der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit seinen Präsidenten. Seit Freitag steht Wolfgang Niersbach dem weltgrößten Einzelsportverband und damit einer Millionenschar von Fußballfreunden vor. Wissen tut man vom nun mächtigsten Mann im DFB nur eins: Er ist ein Mysterium. In seinen langen Jahren als Berufsfunktionär hat der frühere Sportredakteur nie das Gesicht verloren. Er ist auch nie in die Verlegenheit geraten, viel zu riskieren.
Er war Pressesprecher und Generalsekretär, er war in hoher Position im Organisationskomitee der WM 2006. Der 61-Jährige ist der Berufsfunktionär par excellence, ein Mann ohne Eigenschaften. Mit einem Ergebnis, von dem Leonid Breschnew geträumt hätte, wählten die DFB-Delegierten eine Sphinx. Dafür wissen wir einiges von der Tradition des DFB. Und der fühlte sich bisher noch jedem Präsident verpflichtet.
Wolfgang Niersbach wird neuer DFB-Präsident werden   Wolfgang Niersbach wird neuer DFB-Präsident werden
Schauen wir also mal auf die Ahnengalerie, in die sich Niersbach nun einreiht. In den vergangenen Jahrzehnten wurde es unübersehbar: Der DFB ist gewissermaßen eine Außenstelle der CDU. Ein mächtiger Ableger, der fast 6,8 Millionen Mitglieder vereint, eine Art Staat im Staat. Und die Spitzen von Volkssport und Volkspartei waren sich im Prinzip ganz ähnlich. Wie die CDU hielt man bis vor ein paar Jahren nur wenig vom Königsmord. Der Präsident war so sakrosankt wie der Parteichef.
Wackere Parteisoldaten waren immer beliebt im DFB: Theo Zwanziger, der berühmte Jurist aus Altendiez, war in einem früheren Leben einmal Regierungspräsident von Koblenz. Und er war sogar für hohe politische Weihen vorgesehen. Als Kultusminister hatte ihn der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel eingeplant. Doch Zwanziger setzte aufs falsche Pferd. Er schloss sich einer Gruppe von Abtrünnigen an, die Vogel stürzen wollte. Und weil die Revolte scheiterte, wurde es nichts mit der großen Politkarriere.
Dafür ging es im DFB umso steiler voran. Zwanziger, den nicht nur Gegner in Anlehnung an sowjetisches Kriegsgerät respektvoll T20 nennen, wurde der wohl politischste Präsident, den der DFB je gesehen hat: gegen Homophobie. Gegen Rassismus. Für Israel. Gegen böse Blogger. An einer solchen Agenda hatte sich vor ihm keiner abgearbeitet, nicht mal sein Vorgänger, der ein Politprofi erster Güte war: Gerhard Mayer-Vorfelder bekleidete exakt jenes Amt, dass Zwanziger gern in Rheinland-Pfalz bestiegen hätte. MV war Kultusminister in Baden-Württemberg, ehe er auf seine alten Tage auf den DFB-Thron kletterte.
Konservatismus war stets Trumpf im DFB. Das galt für Hermann Neuberger, der dem Verband 17 Jahre bis 1992 vorstand und sogar von Joachim Fest, damals Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", in einem Leitartikel ob seines gängelnden "Provinzköniggehabes" kritisiert wurde. Etwas diskreter hielt es Egidius Braun. Pater Brown, wie der passionierte Kirchenmusiker innerhalb des DFB wegen seines virtuosen Orgelspiels genannt wurde, machte aus seiner Vorliebe für CDU-Granden kein Geheimnis.
Helmut Kohl war ein gern gesehener Gast bei der deutschen Nationalelf. Als Dankeschön rühmte Kohl die Tugenden der Nationalelf nach dem EM-Sieg von 1996, als ein deutsches Lazarett sich zum Titel kämpfte. Allerdings können sogar DFB-Granden überraschen: Kürzlich sprach CDU-Theo auf dem Parteitag der SPD zur segensreichen Wirkung des Sports. Fußball verbindet! Mal sehen, welche integrativen Überraschungen, Pläne und Ideen Wolfgang Niersbach noch hervorzaubert.
  • Aus der FTD vom 02.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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