Der Markt für europäische Spitzenweine hat einen holprigen Jahresauftakt hinter sich. Bei der ersten Auktion des Jahres in Hongkong erzielte das Auktionshaus Sotheby's für eine Reihe edler Bordeaux 5,6 Mio. Dollar. Marktbeobachter hatten mit 6 Mio. bis 9 Mio. gerechnet. Zudem gab es nur für 80 Prozent der Weine einen Zuschlag. In früheren Auktionen gingen oft alle Flaschen deutlich über dem Mindestgebot weg. Die ersten Zahlen für 2012 zeigen, dass der Preisverfall bei europäischen Edelweinen, die von bestimmten Fonds als Kapitalanlage genutzt werden, weitergeht. Vor allem bei den bekannten Weinmarken aus dem Anbaugebiet Bordeaux hatte sich bis Anfang 2011 eine Preisblase gebildet, befeuert durch starke Nachfrage aus Asien. Während der Marktturbulenzen im August brachen die Preise für Bordeaux-Weine ein, laut Londoner Weinbörse Liv-ex um über 22 Prozent.
Dass es überhaupt zur Überhitzung kommen konnte, liegt daran, dass asiatische Käufer in den Jahren der Finanzkrise zu einer bedeutenden Käufergruppe avanciert sind, allen voran wohlhabende Chinesen. "Der Markt folgt mittlerweile anderen Regeln", sagt Weinexperte Jan-Erik Paulson. Asiatische Investoren waren auf der Suche nach großen, bekannten Marken. Selbst junge Weine, die kurz nach der Abfüllung gekauft und dann für Jahre gelagert werden, fanden Abnehmer zu hohen Preisen. Selbst, wenn sich Seltenheit und Qualität noch gar nicht abschätzen ließen. Die Hersteller heizten die Nachfrage zusätzlich an: Der Preis für einen Château Lafite 2008 schoss im Oktober 2010 um 20 Prozent nach oben, weil auf dem Weinetikett das chinesische Symbol für acht erscheinen sollte - in China eine Glückszahl. Der Wein gehörte bei den jüngsten Preiseinbrüchen zu den größten Verlierern.
Paulson ist jedoch der Ansicht, dass die Turbulenzen dem Markt langfristig guttun: "Die Preisexzesse, wie man sie etwa bei Lafite Rothschild sehen konnte, sind nun zu Ende." Anleger könnten mit Weininvestments zwar weiterhin durchaus verdienen. Sie müssten derzeit jedoch länger suchen und genauer hinschauen. "Ich würde niemandem raten, seine Pension so anzulegen", sagt Paulson: "Aber wer etwas Geld übrig hat, für den ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt, um in den Weinmarkt einzusteigen."