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Merken   Drucken   28.02.2012, 15:23 Schriftgröße: AAA

Rohstoffinvestments: Goldlöckchens Zeitalter

Warum die aktuelle Konjunkturlage für Rohstoffinvestments wie geschaffen ist. Und auch die Charttechnik passt. von Wolfgang Hagl
Es ist zwar noch viel zu früh für ein Fazit zum Börsenjahr 2012. Setzt sich aber die bisherige Entwicklung fort, dürfte der Begriff "Goldilocks" - zu Deutsch "Goldlöckchen" - in manchem Rückblick auftauchen. Mit dieser Märchenfigur beschreiben Analysten und Investoren konjunkturelle Phasen, in denen die Wirtschaft weder boomt, noch zu schwache Wachstumsraten zeigt. Niedrige Zinsen und jede Menge Liquidität bilden dabei den perfekten Nährboden für Investments in risikoreichere Vermögenswerte. Neben Aktien sind Rohstoffe derzeit sehr begehrt. Der Index S&P GSCI, der auf den Preisen von Termingeschäften mit verschiedenen Rohstoffen basiert, gewann 2012 bereits mehr als ein Zehntel an Wert.
Neben der Geopolitik treibt die gesamtwirtschaftliche Situation den ...   Neben der Geopolitik treibt die gesamtwirtschaftliche Situation den Ölpreis
Dabei macht sich der Anteil der Energierohstoffe von 70 Prozent in dem von Standard & Poor's berechneten Vergleichsindex bemerkbar. Allein die Rohölsorte Brent legte seit Jahreswechsel um 17 Prozent zu. Mittlerweile kostet ein Barrel (159 Liter) des Nordseeöls rund 17 Dollar (12,69 Euro) mehr als das US-Pendant West Texas Intermediate (WTI). Grund für den Preisabstand ist die Angst vor Versorgungsengpässen. Wegen des Atomstreits hat die EU ein Importverbot für Erdöl aus dem Iran verhängt. Mit ihrem Embargo sind die Europäer nicht allein. Laut Medienberichten erwägt Japan - nach China zweitgrößter Abnehmer von Öl aus dem Land -, die Einfuhren um mehr als ein Fünftel zu kürzen.
Neben der Geopolitik treibt die gesamtwirtschaftliche Situation den Ölpreis. Das zeigt ein Blick auf den US-Markt. Dort kann zwar von einer Angebotsverknappung nicht die Rede sein, zuletzt nahmen die Rohöllagerbestände sogar zu. Das positive Börsenumfeld und optimistische Konjunkturindikatoren lassen aber auch WTI nach oben gehen. Zuletzt legte die Notierung sieben Tage in Folge zu und markierte damit die längste Gewinnserie seit Ende des Jahres 2009.
Finanzinvestoren stehen weiter auf der Käuferseite. Am Freitag meldete die US-Regulierungsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den höchsten Bestand an Long-Positionen seit vergangenem Mai. Sascha Specketer, Deutschland-Chef von Source, bestätigt diesen Eindruck: "Wir sehen vor allem bei institutionellen Adressen ein gesteigertes Interesse an Ölprodukten." Source ist ein Anbieter von börsennotierten Exchange-Traded Products (ETPs), zu denen auch die Exchange-Traded Commodities (ETCs) gehören. Nach eigenen Angaben erreichte Source 2011 bei Rohstoff-ETCs europaweit die höchsten Mittelzuflüsse. Mithilfe dieser an Börsen gehandelten Produkte können auch Privatanleger direkt in den Rohstoffsektor investieren. Im Gegensatz zu Zertifikaten sind diese Finanzvehikel darüber hinaus mit einer Besicherung versehen.
Unabhängig von der Wahl des Produkts könnte es sich allerdings lohnen, eine Konsolidierung abzuwarten. Schließlich erwecken beide Ölsorten aus charttechnischer Sicht einen überbewerteten Eindruck. Mittelfristig sehen Analysten aber Potenzial. Goldman Sachs etwa sieht das Zwölf-Monatskursziel für WTI bei 123,50 Dollar - ein Aufschlag von zwölf Prozent auf die aktuelle Notierung.
Fondsgesellschaft des Jahres 2012 - Leserumfrage mit Gewinnspiel   Fondsgesellschaft des Jahres 2012 - Leserumfrage mit Gewinnspiel
Optimistisch sind die Amerikaner auch bei Gold. In zwölf Monaten traut Goldman Sachs dem Edelmetall einen Stand von 1940 Dollar zu. Die Deutsche Bank  hält es sogar für möglich, dass die Feinunze, die aktuell bei rund 1780 Dollar steht, bereits im dritten Quartal die 2000er-Marke testet. Das liegt nicht nur am Status als Krisenwährung. Auch der Goldbedarf von Investorenseite bleibt hoch. "In Europa wurden seit Jahresanfang mehr als 460 Mio. Euro in physisch hinterlegte Produkte investiert", erklärt Source-Manager Specketer. Auch bei Silber greifen institutionelle Häuser zu. Münzhändler in den USA berichten, dass Hedge-Fonds Geschmack am Kauf von Münzen finden. Interessant ist Silber auch aus charttechnischer Sicht. Zuletzt ließ der Preis neben dem Widerstand bei 34 Dollar die 200-Tage-Linie hinter sich. Auf weitere Zuwächse können Anleger mit einem nicht währungsgesicherten Tracker-Zertifikat von Goldman Sachs setzen.
In einem solchen Investment ist allerdings auch eine Konjunkturwette enthalten. Da mehr als 40 Prozent der Nachfrage aus der verarbeitenden Wirtschaft kommen, gehört Silber zumindest in Teilen zur Gruppe der Industriemetalle. Vor dem Hintergrund der globalen Wirtschaftserholung sind Analysten für diesen Sektor positiv gestimmt. Goldman Sachs erwartet etwa auf Sicht von zwölf Monaten einen Kupferpreis von 9000 Dollar je Tonne. Zuletzt notierte der aktuelle Terminkontrakt an der London Metal Exchange bei rund 8400 Dollar. Mit einem globalen Verbrauchsanteil von 40 Prozent ist die Nachfrage aus China ein entscheidender Faktor für das wichtigste Industriemetall. Sollte die zusehends expansive Geldpolitik Pekings keine Wirkung zeigen, könnte dies nicht nur Kupfer bremsen. Generell dürfte das "Goldilocks"-Szenario dann wackeln.
  • FTD.de, 28.02.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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