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Merken   Drucken   27.02.2012, 13:40 Schriftgröße: AAA

Frauenquote: Haben- oder Nicht-Haben-Wollen?

Auch Journalistinnen und Autorinnen machen sich stark für Frauen im Chefsessel. In einem Aufruf fordern sie mehr Quote, mehr weibliche Führung in den Medien. Studien zufolge wäre das für die Firmen von Vorteil. von Sabine Meinert 
30 Prozent Frauen-Chefquote wären als Ziel für die nächsten fünf Jahre adäquat, so die 350 Medienfrauen, darunter taz-Chefin Ines Pohl, RTL-Auslandskorrespondentin Antonia Rados und die ARD-Moderatorinnen Anne Will und Sandra Maischberger. Ihre Forderung schickten sie an rund 250 Chefredakteure, Intendanten, Verleger und Herausgeber. "Es ist Zeit, etwas zu ändern. ... Wir wollen die Quote, jetzt", heißt es in dem Schreiben.
In den Medien gibt es bereits mehr Chefinnen als in anderen ...   In den Medien gibt es bereits mehr Chefinnen als in anderen Branchen, aber im Top-Management wird es dünn
Dabei verweisen die "Pro Quote"-Unterstützerinnen auf Handelsblatt-Chefredakteur Gabor Steingart, der erkannt habe, Frauen seien "nicht das Problem, sondern die Lösung". Der Medienmann kündigte bereits an, mehr weibliche Führungskräfte in seiner Redaktion installieren zu wollen. Doch zu Recht verweisen die Frauen hinter dem Aufruf darauf, dass zum Beispiel nur zwei Prozent aller Chefredakteure von Tages- und Wochenzeitungen Frauen sind, in Intendanzen und Magazin-Chefetagen finden sie sich ähnlich spärlich.
Im Europavergleich weit abgeschlagen
Damit unterscheidet sich die Medienbranche nur wenig vom Rest der deutschen Wirtschaft. Trotz einer Selbstverpflichtung börsennotierter deutscher Unternehmen liegt der Frauenanteil in DAX-Vorständen bisher nur bei knapp 4 Prozent, in Aufsichtsräten bei durchschnittlich 15 Prozent - europaweit gehört Deutschland damit zu den Schlusslichtern. Den Plänen der DAX-Unternehmen zufolge sollen zwar künftig bis zu 35 Prozent der Führungspositionen weiblich besetzt sein. Doch manche nehmen sich lediglich 15 Prozent vor - zu erreichen bis 2020. Und eine gesetzliche Regelung hatte hierzulande wegen der Anti-Haltung von Unions- und FDP-Politikern bisher keine Chance.
EU-Kommissarin Viviane Reding will das jedoch nicht hinnehmen und den Großunternehmen klare Vorgaben zu einer Chefinnenquote machen. Ihr Ziel: flächendeckend mehr Frauen in Führungspositionen. Am 5. März legt sie zunächst eine Bilanz der freiwilligen Selbstverpflichtung von Unternehmen vor und verweist auf die Positiv-Beispiele der Frauenquote. So hat in Frankreich die verordnete Frauenförderung die Anzahl der weiblichen Führungskräfte in kürzester Zeit auf 20 Prozent (zuvor sieben Prozent) getrieben.
Wenig ökonomisches Denken
Was erstaunt ist, dass die Unternehmen neben dem sozialen Faktor den ökonomischen Folgen von Frauen an der Unternehmensspitze so wenig Bedeutung beimessen: Firmen mit zahlreichen Managerinnen sind deutlich erfolgreicher als solche mit rein männlichen Führungsgremien. Wie eine Studie von Ernst & Young unter den 300 größten börsennotierten Unternehmen Europas belegt, wirtschaften sie effektiver und steigern Börsenwert, Umsatz und Gewinn stärker als männerdominierte Firmen. Die jüngste Untersuchung des Medienkonzerns Thomson Reuters bestätigt dies auch global. Unternehmen aus dem Stoxx600, deren Frauenanteil im Management und in den Kontrollgremien über 30 Prozent liegt, hatten in der schwierigen zweiten Jahreshälfte 2011 bessere Geschäftsergebnisse und Aktienresultate.
Eine britische Studie hatte bereits 2008 die Firmen mit höherem Frauenanteil an der Unternehmensspitze als effektivere Vermarkter identifiziert. Eine Analyse des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hatte zudem Ende 2011 gezeigt, dass ein hoher Frauenanteil motivierte und aufstiegsorientierte Mitarbeiterinnen anzieht. Ein Faktor, der Arbeitgebern eine Menge Employer-Branding-Aufwand ersparen könnte.
Bislang konnten die weiblichen Führungskräfte vor allem im Gesundheitswesen, der Konsumgüterindustrie und bei Finanzdienstleistern die Karriereleiter gut erklimmen, so die Thomson-Reuters-Studie. Nur zehn Prozent der Unternehmen weltweit sind allerdings überhaupt bereit, den Anteil ihrer weiblichen Führungskräfte offenzulegen.
Reaktionen werden veröffentlicht
Die deutschen Medienfrauen mit ihrem aktuellen Aufruf, Frauen in Chefpositionen zu berufen, rechnen zumindest mit zahlreichen verbalen Reaktionen auf ihre 30-Prozent-Forderung. Die Antworten der Chefredakteure und Herausgeber können ab sofort auf www.pro-quote.de nachgelesen werden. Auf dass öffentlich werde, wer sich - aus welchen Gründen auch immer - sperrt gegen mehr Frauen im Chefsessel.
  • FTD.de, 27.02.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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