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Merken   Drucken   06.03.2012, 08:00 Schriftgröße: AAA

Interview mit Unternehmensgründern: "Mit Gutscheinen kann man Geschäfte machen"

Exklusiv Die Sieger der vierten Staffel über ein Jahr Unternehmensgründung unter öffentlicher Beobachtung und überraschende Anrufe solventer Investoren. von Claus Hornung 
Für jeden Manager, erst recht für jeden Gründer, ist das eine kaum akzeptable Vorstellung: Du führst dein Unternehmen, und jeder darf dir dabei zuschauen. Und dabei sogar deine wichtigsten Kennzahlen kontrollieren, Monat für Monat. Die Sieger der vierten Staffel des Gründerwettbewerbs enable2start, Karl Kolmsee (Smart Hydro Power), Nikolaus Starzacher (Discovergy), Robin Harries (Teamsunited), Sönke Burkert (Affiliprint) und Jochen Seeghitz (EH-D) haben sich exakt darauf eingelassen. In enable und online auf FTD.de konnten die Leser mitverfolgen, was aus den hoch fliegenden Plänen der fünf Jungunternehmer wurde, die vor einem Jahr von der enable2start-Jury ausgewählt worden waren. Als Preis für so viel Offenheit erhielten sie ein Startgeld von 50.000 Euro pro Unternehmen. Nach zwölf Monaten ziehen die fünf nun Bilanz.
Enable Vor einem Jahr standen Sie auf dem Podest als Sieger der vierten Staffel von enable2start. Haben Sie die Ziele erreicht, die Sie sich damals vorgenommen hatten?
Sönke Burkert   Sönke Burkert
Robin Harries Unser Plan sah vor, für unsere Spieleplattform Kapital aufzunehmen und damit an den Markt zu gehen. Beides ist uns gelungen. Dadurch konnten wir unser Onlineportal Teamsunited weiterentwickeln und einen "Proof of Product" hinlegen. Das heißt: Wir haben täglich mehrere Tausend User - Nutzer, die nicht nur einmal reinschauen, sondern auch regelmäßig wiederkommen. Und das Feedback ist super. Die holen Freunde rein und drehen sogar eigene Videos.
Nikolaus Starzacher Wenn wir schauen, was wir uns an absoluten Zahlen vorgestellt haben, sind wir einiges hinter dem, was wir uns vorgenommen hatten. Wenn wir uns allerdings den Wettbewerb ansehen, hätten wir nicht gedacht, dass wir so gut dastehen: Wir sind mit Discovergy nach wie vor der einzige Anbieter, bei dem ein Haushaltskunde einen intelligenten Stromzähler bekommen kann. Jetzt sind wir mit den digitalen Stromzählern, bei denen unsere Kunden ihren Verbrauch exakt messen können, so weit, dass wir guten Gewissens den Hahn aufdrehen können. Auch wenn wir das gern schon ein paar Monate eher geschafft hätten.
Sönke Burkert Mit Affiliprint ist es eigentlich sehr gut gelaufen. Wir können nun nach einem Jahr sagen: Mit Gutscheinen kann man Geschäfte machen. Auch wenn nicht alles geklappt hat, wie wir uns das vorgestellt hatten. Etwa das Modell, dass werbetreibende Firmen die Rückseiten von Flyern mit ihrer Werbung bedrucken können. Aber das ist auch nicht der zentrale Baustein unseres Geschäftsmodells.
Karl Kolmsee Unseren Businessplan von vor einem Jahr haben wir erreicht. Zwischenzeitlich dachten wir sogar, wir könnten mit Hydro Power noch mehr Minikraftwerke verkaufen und noch mehr Umsatz machen, das haben wir aber nicht geschafft. Nach der Produkteinführung waren wir erst in einer Hochstimmung, denn wir hatten direkt über 200 Anfragen aus aller Welt. Aber diese Anfragen direkt umzusetzen - Maschine raus, Cash rein, das ist uns nicht gelungen. Wir glauben aber, dass wir im kommenden Jahr unseren ursprünglichen Businessplan ein bisschen überschreiten werden. Jetzt wissen wir, dass wir stärker in Showcases investieren müssen, um Regionen mit Verkaufszentren für diese Anlagen aufzubauen.
Jochen Seeghitz Vieles, was wir im Businessplan für unser Unternehmen EH-D geschrieben hatten, bezüglich der Technik unserer elektrohydraulischen Antriebe und des Marktes, ist sogar übererfüllt worden. Es haben sich mehr Chancen ergeben, als wir gedacht haben. Wir haben 80 Prozent des geplanten Auftragseingangs erzielt. Der Umsatz hinkt deutlich hinterher, weil wir mit der Abwicklung der Aufträge einfach nicht hinterherkommen - einerseits aus Materialgründen, weil die Zulieferungen sehr lange dauern, und andererseits aus Personalgründen. Das ist natürlich eine Planabweichung, aber ich kann mir den nötigen Elektro­ingenieur nun mal nicht backen
Sie finden also nicht genug gute Mitarbeiter, obwohl Sie alles versucht haben?
Jochen Seeghitz Alles durch. Auch das Arbeitsamt. Die, die wir haben, haben wir gekriegt, weil in der regionalen Zeitung ein Artikel über uns erschienen ist. Da stand drin, dass wir auf der Suche nach Leuten sind und Freiheiten bieten, die es bei anderen nicht gibt. Das Problem ist doch: Die meisten wollen eine gute Konzernkantine, die 37-Stunden-Woche und ein gutes Gehalt. Aber es gibt eine kleine Gruppe, die ist flexibler. Es rief tatsächlich einer an, der von einem Industriekonzern kam und sagte, er halte es da nicht mehr aus, er würde jeden Tag dümmer. Er dürfe nicht nach links, nicht nach rechts schauen. Er fühle sich wie in der Käfighaltung. Und der ist dort weg für das gleiche Geld, in die Unsicherheit eines jungen Unternehmens. Er sagte: Bei euch kann ich jeden Tag etwas dazulernen.
Welche Auswirkungen hat es auf Ihre Geschäftsentwicklung, wenn Sie wichtige Stellen nicht besetzen können?
Jochen Seeghitz   Jochen Seeghitz
Jochen Seeghitz Für meinen Mitgründer Kai Böhner heißt das zunächst, dass er die letzten vier Monate sieben Tage die Woche gearbeitet hat, sonntags vielleicht mal nur sechs Stunden. Weil er als der Techniker von uns beiden bestimmte Sachen einfach stemmen muss. Man muss flexibel sein. Wir haben den Businessplan jetzt aktualisiert. Wichtig ist, dass die Hauptrichtung stimmt. Wir lagen nirgends komplett falsch.
Sönke Burkert Das Personal haben wir bei unserem Geschäft mit Gutscheinen am Anfang gar nicht so sehr als Problem gesehen. Man erwartet zwar nicht, dass die Leute einem als Startup gleich die Tür einrennen, aber man geht auch nicht davon aus, dass man eine Stelle ein halbes Jahr lang einfach nicht besetzt bekommt.
Karl Kolmsee Wir lösen das Personalproblem, indem wir massiv auf die Internationalisierung setzen und die Zusammenarbeit mit internationalen Universitäten. Alle wollen immer, dass ausländische Mitarbeiter auch Deutsch sprechen, meine sprechen alle Englisch. Wenn sie Zeichensprache können, reicht mir das auch. Und wenn jemand kleine Kinder mitbringt, dann bin ich auch bereit, einen Kindergarten einzurichten. Außerdem müssen wir nicht an unserem Standort Feldafing bleiben. Wir könnten auch von Manaus aus arbeiten.
Herr Kolmsee, Sie haben ja zuvor als Manager im Konzern gearbeitet. Wie groß ist der Unterschied zum selbstständigen Unternehmer?
Dr. Karl Kolmsee   Dr. Karl Kolmsee
Karl Kolmsee Ich habe meine Gründung begonnen in dem Glauben, dass die Unterschiede größer wären. Aber irgendwann ist auch bei einem Startup der Schritt zu einem normalen Unternehmen notwendig, und das muss man sich eingestehen. Der große Unterschied ist allerdings: Startups sind cash­getrieben. Beim Konzern war ich auch viel fehlertoleranter. Wenn da ein Fehler 10.000 Euro gekostet hat, dann hat das 10.000 Euro der Aktionäre gekostet, dafür ist die Lernkurve bei dem Mitarbeiter dann aber so groß, dass ich dadurch das Geld wieder reinhole. Wenn aber jetzt einer meiner Mitarbeiter 10.000 Euro verbraucht, weiß ich nicht, ob ich die je wieder reinkriege.
Wie viel Zeit müssen Sie darauf verwenden, die Finanzierung der Firma sicherzustellen?

Teil 2: "Ich würde es wieder tun"

  • FTD.de, 06.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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