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Merken   Drucken   06.03.2012, 22:11 Schriftgröße: AAA

Schuldenkrise: Target 2 und die Milliarden-Marginalie

Leitartikel Mit dem Buchstabensalat EFSF und ESM soll der Euro gerettet werden. Und schon kommt die nächste kryptische Abkürzung daher: Target. Die hohen Forderungen, die dort aufgelaufen sind, bedrohen die Gemeinschaftswährung, heißt es. Die Debatte wird aber zu einseitig geführt.
Jetzt haben wir (vielleicht) in qualvollen Krisenjahren mühsam gelernt, was EFSF und ESM sind - irgendwas jedenfalls, was Deutschland viel Geld kosten kann: Milliarden und Abermilliarden, nur um prekäre Südeuropäer vor dem Finanzkollaps zu bewahren. Und kaum haben wir diese Kröten halbwegs geschluckt, erfahren wir, dass die Gefahren für den deutschen Steuerzahler ja längst schon viel, viel größer sind. So jedenfalls die neu entfachte Furcht.
EFSF und ESM kann für Deutschland teuer werden   EFSF und ESM kann für Deutschland teuer werden
Der Name der gar nicht so neuen angeblichen Bedrohungslage ist schon mal riesig: Trans-European Automated Real-Time Gross Settlement Express Transfer System, im Zentralbankerjargon Target 2, das Clearingsystem des Euro-Systems. Über 500 Mrd. Euro haben sich da an Forderungen bei der Bundesbank angehäuft, weil - als Konsequenz aus Leistungsbilanzdefiziten in und Kapitalflucht aus den Euro-Krisenländern - das Zahlungssystem eingesprungen ist. Und so wird aus einer akademischen Diskussion ein Politikum. Das ist nicht schlimm, wenn daraus ein besseres Verständnis für die Mechanismen der Währungsunion entsteht. Aber leider sieht es nicht so aus, denn auch diese Debatte wird einseitig zugespitzt. Deutschland würde, so die Target-Kritiker, quasi automatisch in Haftung genommen, als Zahlmeister Europas.
Wer so argumentiert, findet offene Ohren - verwechselt aber Ursache und Wirkung. Und schadet der Lösung der Euro-Vertrauenskrise, weil er mit den rein technischen Reaktionen des EZB-Systems Vorurteile bestärkt, zum Beispiel ebenjenes vom Zahlmeister Deutschland.
Denn natürlich werden sich die Target-Salden ausgleichen, sobald das Vertrauen und damit das Kapital in die Peripheriestaaten zurückkehrt. Falls aber nicht, gibt es gute Gründe, über Target-Salden wehmütig zu lächeln. Sie wären dann eine Marginalie in einer viel größeren Katastrophe.
  • Aus der FTD vom 07.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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Kommentare
  • 07.03.2012 21:12:21 Uhr   Marcus Kallweit: Target "Leitartikel" - klare Linie

    Frechtheit. Diese Argumentation im "Leitartikel"ist ein weiteres Beispiel dafür, wie das Marginalisieren und Relativieren falsche Entwicklungen zulässt und beschleunigt. Der Steuerzahler hat ein Recht darauf, dass SEINE Gelder in der Tradition eines vorsichtigen Kaufmanns verwendet werden. Warum das nicht stattfindet, liegt bekannterweise im Eigeninteresse der handelnden Personen und daran, dass es ja nicht das eigene Geld ist, welches hier fröhlich europäisch palavernd ins Feuer geworfen wird. Das jetzt,
    unter dem Deckmantel des Target-Systems weitgehend unerkannt, das nächste Risiko, die nächste sehr wahrscheinliche Zahlungspflicht, entstanden ist, und weiter anwächst, ist von den handelnden Personen mindestens nachlässig bis verantwortungslos und für mich persönlich vollauf verachtenswert. Es werden Schäden für die deutsche Gesellschaft als Ganzes, die arbeitenden Menschen und die Steuerzahler verursacht. Kein regelnder oder legitimierender Prozess der hier eingreift. Warum Ursache und Wirkung derzeit zu unheilvollen Ergebnissen wie bei Target führen, und wie das schnellstmöglich geändert werden MUSS, um die Risiken und Schädigungen zu begrenzen - dies sollte die Betrachtung im "Leitartikel", breiter Konsens der denkenden Menschen und noch viel mehr die Priorität für die im Gemeininteresse kaufmännisch handelnden Personen sein. Klare Linie statt Marginalisieren und Relativieren!

  • 07.03.2012 15:10:33 Uhr   Harald Hild: erstaunliche Argumentation!
  • 07.03.2012 12:10:24 Uhr   the Analyst: Blindflug
  • 07.03.2012 10:23:49 Uhr   MIB: Die Lunte am Pilverfaß
  • 07.03.2012 09:49:02 Uhr   Zaungast: eein schwacher Leitartikel
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