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Merken   Drucken   08.11.2011, 10:00 Schriftgröße: AAA

In bester Gesellschaft: Die meisten Frauen sind verrückte Essgestörte

Wenn aus Diät Wahn wird, zeigt sich das Biafra-Syndrom. Damen, deren Körper nur noch ein Gerüst aus Knochen ist, hungern wie in Not. Unsere Kolumnistin kann da nicht mehr hinschauen - und träumt von deftiger Hausmannskost.
© Bild: 2011 Daniel Matzenbacher
Wenn aus Diät Wahn wird, zeigt sich das Biafra-Syndrom. Damen, deren Körper nur noch ein Gerüst aus Knochen ist, hungern wie in Not. Unsere Kolumnistin kann da nicht mehr hinschauen - und träumt von deftiger Hausmannskost. von Wäis Kiani 
How to spend it feiert also ­Geburtstag. Das ist toll, aber ich muss gestehen, an der Feier interessiert mich hauptsächlich, was es zu essen geben wird. Wahrscheinlich leckeres Fingerfood, kleine Röllchen aus Lachs und Strudelteig, Parmesanmousse-Baumkuchen und Kardamom-Ente, Mille Feuille mit Tafelspitz und Trüffelsauerrahm oder deftige Heringshappen mit schwerem Graubrot und guter, fetter Butter, dazu Jahrgangschampagner und für die Jungs Tannenzäpfle-Bier, und das alles: sehr, sehr reichlich.
Seit ich auf der Geburtstagsfeier meiner Freundin Ana war, kann ich mich in solche Fantasien gnadenlos hineinsteigern. Es war eine Cocktailparty, und auf einem langen Tisch standen viele Platten und Schüsseln. Es gab Wassermelonenbowle, Wassermelonenspieße, Gurkenstreifen und Spieße mit Wassermelone und Gurke gemischt und eine große Schale mit Zitronen. Jedes Mal, wenn Ana an mir vorbeiging, meinte sie, willst du nichts essen? Oh, ich hab schon zwei von den leckeren Zitronen gegessen, bin ganz voll, sagte ich.
Küchen-Bildband Das Auge isst mit
Abgesehen davon, dass ich nichts so sehr verabscheue wie rote, stinkende Wassermelone, weiß ich schon lange, dass die meisten Frauen verrückte Essgestörte sind, die ihr Leben mit der Angst vergeuden, etwas Falsches und womöglich zu viel davon zu essen, sich tagsüber mit Reiscrackern und Dinkelkeksen abquälen, um abends ihren Frust in dick machendem Alkohol zu ertränken.
Aber seit einiger Zeit mache ich in meinem Bekanntenkreis eine noch schlimmere Störung aus: das Biafra-Syndrom. Damit meine ich nicht die Frauen, die Diät halten, sondern Frauen, die sich so wenig Nahrung zuführen, dass sie Hunger leiden. Und zwar nicht den Hunger, den Sie und ich nach einem erfüllten Vormittag mit nur einem kleinen Croissant statt eng­lischem Frühstück gegen 14 Uhr ver­spüren, sondern die Art Hunger, den die unglücklichen Menschen kennen.
Menschen, die unter Krieg und Dürrekatastrophen leiden. Menschen, in deren Nähe es einfach nichts Essbares mehr gibt. Diesen Hunger meine ich. Das Heimtückische an diesen Frauen ist, dass sie von Weitem ganz normal, fast unscheinbar wirken. Dass sie nur aus Haut und Knochen bestehen, verdeckt ihre Kleidung. Sie zeigen kein Dekolleté, weil ihr Brustkorb zu knochig ist, und keine Beine, weil sie ihre Oberschenkel zu dick finden. Ihr Gesicht ist eingefallen, ihre Haare sind kraftlos, und sie überlegen, ihre hohlen Wangen mit Hyaluronsäure aufspritzen zu lassen, tun es aber nie.
Huch, denke ich, ist die aber hungrig
Eine alte Bekannte, Tina, lud mich vor einigen Wochen auf ihr Anwesen in die Toskana ein. Mir läuft beim Wort Toskana sofort das Wasser im Munde zusammen, ich denke an Salami, die so frisch ist, dass man den Esel noch schreien hört, Ribollita, Stein­pilze und Schmorbraten mit Polenta. Natürlich sagte ich zu. Es sollte eine Woche voller Entbehrungen werden.
Italiener sind bekanntlich Frühstückspuristen, sie freuen sich lieber aufs Mittagessen, zu Recht, wie ich ­finde. Trotzdem genieße ich meinen Milchkaffee und das Hörnchen mit Vanillecremefüllung und wundere mich zuerst nur ein bisschen darüber, dass Tina sich nur über das Obst hermacht, das aber so gierig wie die Männer in alten Filmen, die nach tagelanger Flucht aus irgendeinem Gefängnis endlich ein Stück Brot in die Suppe tunken dürfen. Huch, denke ich, ist die aber hungrig.

Sie isst, als stünde sie kurz vor dem Hungertod

  • FTD.de, 08.11.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland,
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