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Merken   Drucken   28.03.2012, 10:00 Schriftgröße: AAA

Gegen Bayern in der Champions League: Die heimliche Herrscherin von Olympique Marseille

Margarita Louis-Dreyfus erbte den Klub aus Südfrankreich von ihrem verstorbenen Mann. Seitdem regiert die gebürtige Russin mit harter Hand. von Thomas Becker, München
Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Normalerweise. Aber was Margarita Louis-Dreyfus, geborene Bogdanowa, da mitunter zu ihrem hell- und dunkelblauen Olympique-Marseille-Schal trägt, das kann man so nicht durchgehen lassen: Pelzmäntel in allen Formen und Farben, gewaltige High Heels, Make-up dick wie eine Fußballummantelung, so viel Pink wie möglich und fast immer dieses weiße Malteserhündchen auf dem Arm. Sieht so die Besitzerin eines der führenden französischen Fußballklubs, die Eigentümerin eines ehemaligen Champions-League-Siegers aus? Mais oui, genauso sieht sie aus.
Der starke Mann bei Bayern-Gegner Olympique Marseille (20.45 Uhr, Sat 1, Sky) ist eine Frau: die russische Witwe des früheren Adidas-Bosses und Bayern-Verwaltungsrats Robert Louis-Dreyfus, der vor drei Jahren mit 63 Jahren an Leukämie starb. Madame übernahm die Mehrheitsanteile seines weltweiten Handelskonzerns: Immobilien, Energie, Rohstoffe. Umsatz: 50 Mrd. Euro im Jahr. Und dann war da ja noch dieser Fußballklub, Königsklassensieger 1993: Olympique Marseille, kurz: OM. Auch Margarita Louis-Dreyfus hat längst ein Kürzel: MLD. Und einen Spitznamen: die schöne Zarin. Über ihr Alter schweigt sie, laut russischen Quellen soll sie Jahrgang 1967 sein. Dafür ist ihr Image bekannt und klar: knallharte Geschäftsfrau. Ihr Kontostand: geschätzte 1,25 Mrd. Euro. Hört sich alles danach an, als könne diese Frau anziehen, was sie will.
Allein unter Männern: Die Milliardärserbin Margarita ...   Allein unter Männern: Die Milliardärserbin Margarita Louis-Dreyfus spricht fünf Sprachen - und die der Fußballer
Im Flugzeug nach London hatte die aus Sankt Petersburg stammende, gelernte Handelskauffrau den Milliardär Dreyfus kennengelernt - drei Jahre später wurde geheiratet, drei Söhne brachte sie zur Welt. Sie lebten ein südfranzösisches Jetset-Leben: Privatjet, Haus am Luganer See, Klamotten je extravaganter, desto besser. Madame sagt, sie liebe den russischen Schriftsteller Michail Bulgakow. Sie spricht fünf Sprachen, und dazu offenbar auch die der Fußballer: Die Kabine von OM soll MLD jedenfalls schon von innen kennen, und zwar zu Zeiten, in denen die Profis auch dort sind. Das Management des Traditionsvereins hat Louis-Dreyfus längst nach ihren Wünschen umstrukturiert. Präsident Vincent Labrune und Trainer Didier Deschamps hören auf ihr Wort, heißt es in Frankreichs Fußballszene.
Kein Wunder, dass auch der "Kaiser" von ihr schwärmt: "Eine tolle Frau", befindet Franz Beckenbauer, "sie ist eine gute Freundin von mir. Eine wunderbare, eine toughe Frau, die sich in der Männerwelt Fußball durchgesetzt hat. Und um das alles zu verteidigen, den kompletten Nachlass ihres Mannes zu verwalten - und da ist ja was da!-, da musst du schon verdammt stark sein. Und das ist sie."
Franz Beckenbauer trainierte 1990/91 Olympique Marseille   Franz Beckenbauer trainierte 1990/91 Olympique Marseille
Und weil Beckenbauer, der in der Saison 1990/91 Teamchef bei OM gewesen war, gerade so schön am Schwärmen ist, macht er gleich weiter: "Marseille ist fantastisch! Eine traumhafte Stadt, mit der Provence im Hintergrund. Schöne Golfplätze! Ich hab mich da wohlgefühlt." Wenn nur die Umstände nicht gewesen wären:
"Das war ja ein kurzer Auftritt von mir, den ich mir anders vorgestellt hatte. Nach der WM 1990 war ich ein bissl erholungsbedürftig und habe beschlossen, mit Holger Osieck da hin zu gehen. Kaum waren wir auf dem Trainingsplatz, kam die Polizei und nahm drei Spieler mit zum Verhör. Da kam die schlimmste Geschichte des französischen Fußballs auf. Im Dezember bin ich zu Bernard Tapie, dem Besitzer, und hab gesagt: 'So was kannst du mir nicht zumuten!' Dann kam noch Korruption dazu, es ist drunter und drüber gegangen, hat Jahre gedauert und schließlich mit Gefängnisstrafen geendet." Ein Jahr später wurde Marseille in die zweite Liga zwangsversetzt und Tapie zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Beckenbauer war da längst wieder in Deutschland.
Vorbei, die wilden Zeiten. Und aktuell auch die erfolgreichen. Derzeit dümpelt der neunmalige französische Meister auf Platz neun der Liga herum, zuletzt unterlag er im Pokal sogar einem Drittligisten. Sorgen um den Einzug ins Halbfinale der Champions League muss sich der FC Bayern kaum machen. Klaus Allofs, der wie Rudi Völler, Andreas Köpke und Karlheinz Förster einst für OM kickte, sagt: "Die Bayern müssen sich nicht fürchten. Marseille ist spielerisch nicht mehr so dominant wie zu früheren Zeiten." Da spielten noch Größen wie Éric Cantona, Marcel Desailly, Jean Tigana, Didier Drogba oder Samir Nasri im Stade Vélodrome. Oder Franck Ribéry.
Im Klubwappen fordert der Verein "droit au but", das Recht am Tor ein. Eingelöst wurde es zuletzt selten. MLD drohte vor ein paar Monaten sogar schon mit dem Verkauf. Das wäre dann allerdings doch schade, allein wegen der schönen Bilder von ihr und der ausgefallenen Garderobe.
  • Aus der FTD vom 28.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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