FTD.de » Politik » Deutschland » PKV-Beitragsplus empört Verbraucherschützer

Merken   Drucken   29.03.2012, 23:01 Schriftgröße: AAA

"Befürchtungen weit übertroffen": PKV-Beitragsplus empört Verbraucherschützer

Besonders ältere Versicherte müssen drastische Beitragserhöhungen bei der Privatversicherung schlucken. Verbraucherschützer bescheinigen dem System "schwere Mängel" - und warnen, dass alle  für einen Zusammenbruch der privaten Kassen gerade stehen müssen.
© Bild: 2012 DPA/Bildfunk/Armin Weigel
Besonders ältere Versicherte müssen drastische Beitragserhöhungen bei der Privatversicherung schlucken. Verbraucherschützer bescheinigen dem System "schwere Mängel" - und warnen, dass alle für einen Zusammenbruch der privaten Kassen gerade stehen müssen. von Andreas Spengler, Berlin
Eine Reihe drastischer Prämienerhöhungen bei privaten Krankenversicherungen rufen die Verbraucherzentralen auf den Plan. Eine bundesweite Auswertung habe "erhebliche Mängel im System" ergeben, erklärte Gerd Billen, Bundesvorstand der Verbraucherzentralen, am Donnerstag in Berlin. Untersucht wurden 144 Beschwerden, die seit Dezember 2011 bei den Verbraucherzentralen eingegangen waren. Um durchschnittlich 24 Prozent seien die Versicherungsprämien in den Beschwerdefällen gestiegen. Bei einigen Versicherungen, wie der Central, der Gothaer oder der DKV gab es Erhöhungen von bis zu 60 Prozent.
Die Kritik der Verbraucherschützer befeuert die Debatte über die Zukunft des Systems privater Krankenversicherungen. Vor zwei Wochen hatte bereits der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Jens Spahn (CDU), erklärt, die Trennung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung sei "nicht mehr zeitgemäß". Eine Abschaffung des zweigliedrigen Systems schloss er nicht aus. Sein Fraktionskollege Johannes Singhammer (CSU) sprach sich hingegen für das System aus.
Laut Verbraucherzentrale sind vor allem langjährige Bestandskunden und ältere Versicherte in den sogenannten "geschlossenen Tarifen" von den Preissteigerungen betroffen. Eine 59-jährige Frau zum Beispiel, die sich bei den Verbraucherschützern gemeldet habe, müsse inzwischen monatlich 1095 Euro für ihre Versicherung bezahlen.
"Unsere Befürchtungen wurden hier weit übertroffen", sagte Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. "Die privaten Krankenversicherungen bieten den Kunden häufig Tarife an, die keinen Sinn machen", sagte der Versicherungsexperte. In vielen Fällen sei es für die Versicherten zwar möglich, in einen günstigeren Tarif zu wechseln. Viele Versicherungen versuchten aber, solche Wechsel zu verhindern.
Der Verband der Privaten Krankenversicherung wies die Vorwürfe zurück. Verbandsdirektor Volker Leienbach bezeichnete die Auswertung der Verbraucherzentrale als "unseriös". Mehrere unabhängige Analysedienste hätten aktuell lediglich einen Prämienanstieg von durchschnittlich zwei Prozent festgestellt, erklärte Leienbach. Außerdem habe jeder Versicherte das Recht, den Tarif zu wechseln.
Die Verbraucherzentrale sieht nun vor allem Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) in der Pflicht: "Die Folgen einer finanziellen Überforderung der Verbraucher dürfen nicht sozialisiert werden", mahnte Bundesvorstand Billen. "Sie müssen innerhalb des PKV-Systems gelöst werden."
Wichtigste Forderung der Verbraucherschützer: Versicherte sollen in Zukunft einfacher innerhalb der privaten Versicherung in einen günstigeren Tarif wechseln können. Außerdem müsse die Politik Mechanismen installieren, um den Kostenanstieg für Verbraucher zu dämpfen. So müsse es einen Sozialausgleich unter den Versicherten geben, damit ältere Menschen finanziell entlastet werden.
Langfristig sieht Gerd Billen keine Zukunft für das zweigliedrige System aus privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen: "Die private Krankenversicherung wird sich auf Dauer selbst abschaffen, weil sie grundlegende Anforderungen nicht zukunftsfähig gestalten kann", sagte Billen. Er warnte jedoch vor übereilten Beschlüssen der Politik: Bei einer Gesetzesänderung müssten vor allem die Rechte der Verbraucher gewahrt werden. Spahn hatte angekündigt, die Gesundheitspolitiker von CDU und CSU wollten nach Ostern über die Zukunft der privaten Krankenversicherung beraten.
  • Aus der FTD vom 30.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
Jetzt bewerten
Bookmarken   Drucken   Senden   Leserbrief schreiben   Fehler melden  

Den Parameter für die jeweilige Rubrik anpassen: @videoList
  • Müllverbrennung: Ein schönes Problem

    Was Umweltschützer freut, ist für Deutschlands Müllverbrennungsanlagen ein Problem: Der Müll wird knapp. Zumindest der, der nicht mehr wiederverwendet wird - und mit dem die Anlagen befeuert werden müssen. mehr

  •  
  • blättern
Tweets von FTD.de Politik-News

Weitere Tweets von FTD.de

  30.03. Wissenstest Das kleine Saarland-Quiz

Das Saarland hat nach dem Scheitern der ersten Jamaika-Koalition auf Landesebene neu gewählt. CDU und SPD verhandeln über eine neue Regierung. Kennen Sie sich aus im nach Bevölkerung zweitkleinsten deutschen Bundesland?

An welche Länder grenzt das Saarland?

Wissenstest: Das kleine Saarland-Quiz

Alle Tests

FTD-Wirtschaftswunder Weitere FTD-Blogs

alle FTD-Blogs

Newsletter:   Newsletter: Eilmeldungen Politik

Ob Regierungsauflösung oder Umfragehoch für die Linkspartei - erfahren Sie wichtige Politik-Nachrichten, sobald sie uns erreichen.

Beispiel   |   Datenschutz
 



DEUTSCHLAND

mehr Deutschland

EUROPA

mehr Europa

INTERNATIONAL

mehr International

KONJUNKTUR

mehr Konjunktur

 
© 1999 - 2012 Financial Times Deutschland
Aktuelle Nachrichten über Wirtschaft, Politik, Finanzen und Börsen

Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!

Über FTD.de | Impressum | Datenschutz | Disclaimer | Mediadaten | E-Mail an FTD | Sitemap | Hilfe | Archiv
Mit ICRA gekennzeichnet

VW | Siemens | Apple | Gold | MBA | Business English | IQ-Test | Gehaltsrechner | Festgeld-Vergleich | Erbschaftssteuer
G+J Glossar
Partner-Angebote