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Merken   Drucken   26.03.2012, 04:00 Schriftgröße: AAA

EU-Bankenregulierung: Banken bricht Milliardengeschäft weg

Weltweit verdienen Banken ein Drittel ihrer Erträge mit Derivaten. Doch die EU will das strenger regeln. Experten rechnen mit Ertragseinbrüchen von bis zu 40 Prozent. von Sarah Speicher-Utsch  und Uta Harnischfeger  Frankfurt
Den internationalen Banken drohen als Folge neuer EU-Regeln herbe Einbußen in einem ihrer ertragreichsten Geschäfte. Die Europäische Union plant eine strenge Regulierung der Derivatemärkte, was die Institute nach Einschätzung von Experten teuer zu stehen kommt. "Durch die neuen Vorschriften werden die Banken voraussichtlich 35 bis 40 Prozent weniger am Handel mit standardisierten außerbörslichen Derivaten verdienen", sagt Daniel Kapffer, Berater für Banken bei Accenture. Auch Christoph Göttlicher, Partner der Beratungsfirma Bearing Point, rechnet mit einem Einbruch.
Derivate sind Kontrakte, mit denen sich die Vertragspartner der Banken - etwa Unternehmen - gegen Zins-, Kredit- oder Währungsrisiken absichern. Die Institute handeln diese Finanzinstrumente untereinander - bislang in einem weitgehend unregulierten Markt. Weil die Banken so viel Freiheiten in der Preisgestaltung haben und beim Handel bislang keine Gebühren an Dritte zahlen müssen, sind Derivate so lukrativ für die Finanzbranche.
Nach Schätzungen der Citigroup erreichen die Einnahmen aus dem außerbörslichen Derivatehandel global jährlich rund 55 Mrd. Dollar - das ist rund ein Drittel der Bankerträge insgesamt. Der gesamte Markt für Derivate umfasste zuletzt weltweit rund 708.000 Mrd. Dollar. Nach einem Einbruch zum Höhepunkt der Finanzkrise war er in den vergangenen Jahren wieder deutlich gewachsen.
Die EU will die Institute zwingen, ihre Standardderivate künftig über eine zentrale Stelle abzuwickeln. Beim Handel mit den Papieren müssen den Plänen zufolge ab 2013 Börsen oder börsenähnliche Plattformen eingeschaltet sein. Direkt könnten die Banken untereinander nicht mehr mit diesen Derivaten handeln. Die entsprechende Verordnung, die European Market Infrastructure Regulation (Emir), soll am Donnerstag im EU-Parlament verabschiedet werden.
Die strikten neuen Vorgaben sind Teil einer Regulierungswelle als Konsequenz aus der Finanzkrise. 2008 war der US-Versicherer AIG nach riskanten Derivatewetten fast kollabiert, was das gesamte Finanzsystem ins Wanken brachte. Ähnliche Fälle sollen die EU-Regeln verhindern. Wegen vielerlei neuer Vorschriften sind die Institute derzeit gezwungen, ihre Geschäftsmodelle neu auszurichten. So verlangt das internationale Reformpaket Basel III, dass sie mehr Eigenkapital vorhalten und größere Liquiditätspuffer aufbauen. Folge für die Banken ist, dass sie sich neue Erlösquellen suchen oder ihre Bilanz schrumpfen müssen.
Mit den neuen EU-Vorschriften müssen Börsenbetreiber wie die Intercontinental Exchange (ICE) und die Deutsche Börse künftig überwachen, dass der Käufer bei einem Derivategeschäft zahlt und der Verkäufer liefert. Einbußen für die Banken entstehen dadurch, dass sie Börsengebühren zahlen und Sicherheiten hinterlegen müssen. Allein rund 80 Mio. Euro kostet laut Berater Kapffer die technische Anbindung von Handel und Abwicklung.
Anders als Standardprodukte - die den Großteil des außerbörslichen Marktes ausmachen - sollen Banken komplexere Derivate auch weiterhin untereinander handeln dürfen. Das könnte Banken dazu verführen, Schlupflöcher zu nutzen: "Investmentbanken könnten durch die neuen Vorschriften in weniger standardisierte Produkte getrieben werden", sagte Kapffer. "Dem muss mit deutlich höheren Eigenkapitalanforderungen für nicht zentral abgewickelte Derivate entgegengewirkt werden." Dies sei aber bislang nicht geplant.
  • Aus der FTD vom 26.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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