FTD.de » Wissen » Natur » Die tierischen Feinde der Energiewende

Merken   Drucken   29.03.2012, 11:16 Schriftgröße: AAA

Opfer des Atomausstiegs: Die tierischen Feinde der Energiewende

Windräder, Biogasanlagen, Solarparks und Überlandleitungen schränken den Lebensraum manchen Tieres ein. Umgekehrt machen aber auch Biber, Biene und Buntspecht den Energieerzeugern hierzulande das Leben schwer - und teuer.
© Bild: 2012 FTD-Illustration/Malte Knaack
Windräder, Biogasanlagen, Solarparks und Überlandleitungen schränken den Lebensraum manchen Tieres ein. Umgekehrt machen aber auch Biber, Biene und Buntspecht den Energieerzeugern hierzulande das Leben schwer - und teuer. von Kathrin Werner 
Der Atomausstieg ist besiegelt, ganz Deutschland macht sich daran, die Energiewende zu schaffen. Überall zwischen Flensburg und Füssen werden bestehende Anlagen zur alternativen Energiegewinnung erweitert oder neu gebaut. Den Preis dafür zahlen vielerorts Tiere. Doch die wehren sich mit Leibeskräften. FTD.de stellt die animalischen Kontrahenten der Energiewende vor - die vielfach auch Opfer des Booms sind.
Der Biber   Der Biber
Die Tat So geht Blockade, liebe Occupy-Freunde: Der kluge Biber siedelt sich gern flussaufwärts von Wasserkraftwerken an, wo das Gewässer schön langsam fließt. Dort baut er seinen Damm, und schon erreicht nur noch ein Rinnsal die traurige Turbine.
Das Tier Der Europäische Biber (Castor fiber) hat allen Grund zur Aggression, war "Meister Bockert" doch in weiten Teilen des Kontinents schon einmal ausgerottet. Charakteristisch sind die ständig nachwachsenden, mit einer dicken Schmelzschicht versehenen Nagezähne und sein platter Schwanz.
Biene   Biene
Die Tat Koloniensterben, Pestizide, Parasiten - als hätten Honigbienen nicht genug Ärger, werden ihnen jetzt auch noch Solarparks auf die Wiese gesetzt. Dort finden sie keine Blütennahrung mehr, die Reflexionen der Paneele nehmen ihnen die Orientierung. Die Folge: Flugkollisionen.
Das Tier Honigbienen (Apis mellifera) liefern Honig und sorgen durch Bestäubung dafür, dass wir Früchte ernten können. Fruchtbar auch ihre Regierung: Die Königin wird bis zu fünf Jahre alt und paart sich in der Luft, oft mehrmals hintereinander.
Ente   Ente
Die Tat Wasser hat keine Balken - der Luftraum schon: Viele Stockenten sausen ungebremst in Überlandleitungen, erleiden tödliche Stromschläge und Verletzungen. Das Problem nimmt vor allem in den küstennahen Niederungen zu, wo Offshore-Windanlagen angeschlossen werden. Bis Ende 2012 müssen die Kabel mit Isolierschichten nachgerüstet werden, ein Kostentreiber.
Das Tier "Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh'": So sieht es aus, wenn die Stockente (Anas platyrhynchos) nach Nahrung gründelt. Darum schätzt Europas häufigste Schwimmente stehende und langsame Gewässer.
Fledermaus   Fledermaus
Die Tat Dank Echolot werden die Fledertiere nicht von Windrädern zerhäckselt wie Zugvögel. Aber vor und hinter den Windradflügeln herrschen so hohe Luftdruckunterschiede, dass den Tieren die Lungenbläschen zerplatzen. Was für Betreiber heißt: Für eine Baugenehmigung müssen sie nachweisen, dass ihre Anlage das Tötungsrisiko nicht signifikant steigert.
Das Tier Fledermäuse (Microchiroptera) gehören wie die Flughunde zu den Fledertieren. Der Große Abendsegler, Vielflieger unter den heimischen Fledermäusen, legt jährlich mehr als 1000 Kilometer zurück.
Gründling   Gründling
Die Tat Der Fisch gehört zu den Opfern des Biogasbooms, Ausflüsse aus den Gärbehältern belasten seinen Lebensraum. So platzte 2008 ein Kessel im niedersächsischen Neubruchhausen, der Unrat raffte 6143 wehrlose Gründlinge dahin. Die Wasserschutzbehörden wollen Biogasanlagen verschärft kontrollieren.
Das Tier Angler schätzen den Gründling (Gobio gobio) als Köder. Der gesellige Karpfenfisch wird zehn Zentimeter groß. Er bevorzugt ruhige Abschnitte von Fließgewässern, wo er Würmer, Köcherfliegen, Zuckmücken, Planktonkrebse und Larven frisst.
Lachse   Lachse
Die Tat Besonders Junglachse (Smolts) geraten auf ihrer Wanderung gen Ozean in die Turbinen von ungeschützten Fluss-Wasserkraftanlagen und verenden kläglich. Vor allem im Rhein werden darum Tausende Umleitungen, sogenannte Fischpässe, und andere Schutzvorrichtungen nachgerüstet.
Das Tier Die obligatorische Brunch-Zutat starb in Deutschland in den 1950er-Jahren aus, 1983 gelang die Wiederansiedelung. Seitdem zieht der Atlantische Lachs (Salmo salar) auch hierzulande im Herbst wieder aus dem Atlantik die Flüsse zum Laichen hinauf.
Marder   Marder
Die Tat All die schönen Kabel und Stecker an Solaranlagen fordern den Spieltrieb von Mardern heraus. Vor allem Jungtiere tummeln sich nur zu gern in den Installationen und knabbern Kurzschlüsse, Brandschäden und Leistungsabfälle herbei.
Das Tier Leidgeprüfte Autofahrer wissen: Der Steinmarder (Martes foina) schätzt die Genüsse der Zivilisation, als Kulturfolger beglückt er menschliche Siedlungen. Das Raubtier ist ein Eigenbrötler, gleichgeschlechtliche Artgenossen vertreibt er aus seinem Revier.
Pferd   Pferd
Die Tat Der Biotreibstoff-Boom verteuert nicht nur Lebensmittel. Auch Heu und Stroh sind knapp und deutlich teurer geworden. Der Strohmarkt ist praktisch leergekauft, Radio Bremen spricht schon von einer "Strohkrise" auf norddeutschen Reiterhöfen. Die Lage sei für einige Pferdebetriebe existenzgefährdend.
Das Tier In Deutschland leben rund eine Million Hauspferde (Equus ferus caballus) als Schlacht-, Reit- und Zuchttiere wie das geschätzt 10 Mio. Euro teure "Wunderpferd" Totilas. Sie fressen Raufutter (Heu, Stroh und Hafer), Gras, Mais, Äpfel und Karotten.
Seetaucher   Seetaucher
Die Tat Kein ruhiges Eckchen mehr: Offshore-Windparks üben auf Seetaucher eine "Scheuchwirkung" aus. Was bedeutet: Um nicht zerhäckselt zu werden, umfliegen sie die Rotoren weiträumig - dadurch kommen sie nicht mehr in ihre Sammelgebiete, wo sie für den Winter rasten. Auch deswegen stocken die Genehmigungsverfahren für Offshore-Windparks.
Das Tier Der Seetaucher (Gaviiformes) verbringt fast sein ganzes Leben auf dem Meer, wo er Fische jagt. Zum Starten benötigt er eine recht lange Anlaufbahn. Im Winter zieht er in den Süden.
Buntspecht   Buntspecht
Die Tat Das Vögelchen zieht es in die Stadt, vor allem nach Berlin. Dort gibt es herrlich viele wärmegedämmte Hauswände anzuklopfen, die sich genau wie morsches Baumholz anhören. Durch die Löcher dringt Feuchtigkeit ein und lässt den Schimmel sprießen.
Das Tier Der Buntspecht (Dendrocopos major) lebt in Wäldern, Parks und Gärten, dort hackt er ins Gehölz und zieht sich wie mit der Pinzette Larven und Insekten aus den Löchern.
Uferschnepfe   Uferschnepfe
Die Tat Der Biogasboom verwüstet ganze Landschaften: Weil der Anbau von Energiepflanzen so lukrativ ist, breiten sich Mais-Monokulturen aus und vernichten Wiesen und Weiden - Lebensraum der gefährdeten Uferschnepfe. Von "gähnenden Maiswüsten" spricht der Naturschutzbund Nabu und kämpft für mehr Schutzräume.
Das Tier Die Uferschnepfe (Limosa limosa), auch als Schlammling bekannt, lebt am Meer und auf Feuchtwiesen und legt über 4000 Kilometer im Jahr zurück.
  • FTD.de, 29.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
Jetzt bewerten
Bookmarken   Drucken   Senden   Leserbrief schreiben   Fehler melden  
Den Parameter f�r die jeweilige Rubrik anpassen: @videoList
  impulse startet Projekt impulse Wissen
impulse startet Projekt impulse Wissen

Wie sorgt man dafür, dass ein Unternehmen innovativ bleibt? Wie viel Bauchgefühl ist bei der Auswahl von neuen Mitarbeitern erlaubt? Antworten auf solche Fragen bietet künftig das neue Wissenskompendium impulse Wissen. mehr

  Bilderserie 100 Jahre nach dem Untergang Die "Titanic" so scharf wie nie
Meistgelesen
 



LEBEN

mehr Leben

NATUR

mehr Natur

TECHNIK

mehr Technik

QUIZ

mehr Quiz

 
© 1999 - 2012 Financial Times Deutschland
Aktuelle Nachrichten über Wirtschaft, Politik, Finanzen und Börsen

Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!

Über FTD.de | Impressum | Datenschutz | Disclaimer | Mediadaten | E-Mail an FTD | Sitemap | Hilfe | Archiv
Mit ICRA gekennzeichnet

VW | Siemens | Apple | Gold | MBA | Business English | IQ-Test | Gehaltsrechner | Festgeld-Vergleich | Erbschaftssteuer
G+J Glossar
Partner-Angebote