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SRG-Umfrage: Gegner von Managed Care haben die Nase weiterhin vorn

Judith Schraner
Mittwoch, 6. Juni 2012, 16:59 Uhr, Aktualisiert 21:36 Uhr

Die Gegner des neuen Krankenversicherungsgesetzes (KVG) haben laut jüngster SRG-Umfrage ihren Vorsprung ausgebaut. Demnach hätten 58 Prozent die Managed-Care-Vorlage bachab geschickt. Vor vier Wochen war die Lage noch weniger klar. Damals wollten 44 Prozent ein Nein in die Urne legen.

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Managed-Care-Vorlage Stimmabsichten in Prozent der Stimmberechtigten, die bestimmt teilnehmen wollen. Quelle: gfs.bern

Wäre bereits Ende Mai abgestimmt worden, hätten lediglich 28 Prozent dem revidierten KVG zugestimmt. Bei der ersten SRG-Umfrage Anfang Mai waren noch 33 Prozent dafür. Die Zahl der Unentschlossenen sank von 23 Prozent auf 14 Prozent.

Die Eckwerte der SRG-Umfrage

Durchgeführt wurde die Umfrage im Auftrag der SRG SSR vom Forschungsinstitut gfs.bern zwischen dem 25. Mai und 2. Juni 2012. Befragt wurden 1403 Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. mehr

Wie erklärt sich Claude Longchamp, Leiter der Studie, das deutliche Nein zu der Behördenvorlage? Die Meinungsbildung habe sich bei dieser Vorlage anders entwickelt als dies bei typischen Behördenvorlagen sonst zu erwarten sei, nämlich zu einem Nein. Üblich sei, dass die Unentschiedenen sich auf beide Lager verteilten. Bei der KVG-Revision seien die Unentschiedenen aber faktisch ins Nein übergegangen. Sogar ein Teil der Befürworter habe das Lager gewechselt.

Im Normalfall gehe man davon aus, dass es dem Parlament gelinge, seine Position zu erklären, so Longchamp. Den Befürwortern sei dies aber hier nicht geglückt. Das hänge auch damit zusammen, dass sowohl SP, SVP als auch BDP aus dem Befürworter-Lager ausgeschert seien und ins Nein-Lager wechselten. «Dieser Angriff von links und von rechts hat fast flächendeckend für Verunsicherung gesorgt.»

Politikwissenschaftler Claude Longchamp zum deutlichen Nein

Die Basis der Parteien ist sich einig

Der Blick auf die Abstimmungsabsichten aufgeschlüsselt nach Partei-Sympathisanten zeigt ein eindeutiges Bild: Überall ergeben sich absolute Nein-Mehrheiten. Damit droht die KVG-Revision bei den Wählern der fünf grössten Parteien durchzufallen.

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Managed-Care-Vorlage: Stimmabsichten nach Parteibindungen in Prozent der Stimmberechtigten, die bestimmt teilnehmen wollen. Quelle: gfs.bern

Am deutlichsten Nein sagen die Wähler der SVP mit 68 Prozent. Dieses Wählersegment hat seit der ersten SRG-Umfrage Anfang Mai denn auch eine eindrückliche Kehrtwende vollzogen. Um satte 29 Prozentpunkte stieg der Nein-Anteil. Entsprechend sank die Zustimmungsbereitschaft. Ein ähnliches Szenario bei den SP-Wählern: Die Ablehnung nahm um 22 Prozentpunkte auf 61 Prozent zu.

Gefragt wurde auch, wie viele der Stimmberechtigten Erfahrung mit managed-care-ähnlichen Ärztenetzwerken haben. Ein Drittel der Stimmberechtigten sagt von sich, in einem Ärztenetzwerk zu sein oder gewesen zu sein. Die anderen kennen Netzwerke nur vom Hören sagen.

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Mitgliedschaft bei einem Ärztenetzwerk Frage: «Sind Sie persönlich über Ihren Hausarzt bereits heute einem Ärztenetzwerk angeschlossen?» Quelle: gfs.bern

76 Prozent von denjenigen, welche einem Ärztenetzwerk angehören, haben positive Erfahrungen gemacht. 36 Prozent bezeichnen diese als sehr positiv, weitere 40 Prozent als eher positiv.

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Erfahrungen mit Managed Care Frage: «Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit Ihrem Managed-Care-Versicherungsmodell gemacht?» Quelle: gfs.bern

Dabei spielen die persönlichen Erfahrungen für den Stimmentscheid durchaus eine Rolle: So lehnen 68 Prozent der Mehrheit, die nie in einem Ärztenetzwerk war, die Managed-Care-Vorlage ab. Bei den Personen, welche in einem Ärztenetzwerk sind, wollen 49 Prozent gegen die allgemeine Einführung stimmen, 38 Prozent befürworten die Einführung.

Das Volk wählt lieber den Status quo

Politikwissenschaftler Longchamp weist auch darauf hin, dass Reformen in der Gesundheitspolitik schwierig zu erarbeiten seien. In der Regel brauche das Parlament dafür viel Zeit. Das Resultat sei aber am Schluss aus Sicht der Stimmbürger wenig überzeugend.

Die einzige Alternative sei der Status quo. Damit sei man zwar nicht gänzlich zufrieden, aber man habe wenig Zuversicht, dass etwas Besseres komme. «Und der Stimmbürger sagt dann halt - bei aller Reform - einfach Nein.»