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Eine Landesausstellung ohne Spuren

Freitag, 11. Mai 2012, 12:44 Uhr, Aktualisiert 12.05.2012, 20:36 Uhr

Mehr als vier Millionen Menschen haben die Arteplages in Biel, Neuenburg, Murten und Yverdon im Jahr 2002 besucht. Zehn Jahre danach erinnert dort kaum noch etwas an die Expo.02. Genau wie geplant.

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Die Highlights der Expo 02 (Tagesschau, 12.05.2012).

Der rostige Monolith von Stararchitekt Jean Nouvel wurde eingeschmolzen, die begehbare Wolke von Yverdon mit viel Dynamit gesprengt. Die fünf Arteplages – ein Kunstwort aus den französischen Begriffen «art» (Kunst) und «plage» (Strand) – sind längst zurückgebaut. Noch immer ist aber nicht an allen vier Standorten klar, wie es dort künftig aussehen soll.

Klein-Venedig in Biel

Biel verdankt der Landesausstellung zwar einen verbesserten Zugang zum See. Doch das ehemalige Expo-Gelände wirkt – trotz zeitweiliger Veranstaltungen – verlassen, fast sogar vernachlässigt. Komplett ändern könnte dies das Projekt «AggloLac». Biel will zusammen mit der Nachbargemeinde Nidau ein neues Quartier bauen.

Heller im Porträt

«Die Expo.02 war Neuland für alle»

Der künstlerische Direktor Martin Heller spricht auch zehn Jahre nach der Landesaustellung mit Begeisterung von der Schau. Die Arbeit für die Expo.02 sei für alle Beteiligten Neuland gewesen, sagt er im Interview. «Wir waren ein gutes Team – und das Publikum überraschte uns.» mehr...

Die Pläne sind mittlerweile fortgeschritten: Der neue Stadtteil soll 1500 bis 2500 Menschen Wohnraum bieten. Geschäfte sind ebenfalls vorgesehen. Weil durch das Quartier Kanäle fliessen sollen, spricht man in Biel von «Klein-Vendig». Ende 2011 wurden drei potenzielle Investoren ausgewählt.

Umgestaltung auch in Neuenburg

In Neuenburg dient heute das ehemalige Expo-Gelände – wie schon vor der Landesausstellung – in erster Linie als Parkplatz. Der Zugang zum Wasser ist eingeschränkt, Orte zum Verweilen gibt es in «Jeune-Rives» kaum. Doch eine Umgestaltung steht auch in Neuenburg an.

Spektakulär aber ruinös

Die Landesausstellung wurde entweder geliebt oder gehasst. Bevor sie aber die Tore öffnen konnte, gab es etliche politische Hin und Her und zahlreiche Rückschläge. mehr...

Nachdem im Jahr 2003 an der Urne ein erstes Projekt abgelehnt worden war, nahm die Stadt einen neuen Anlauf. Es wurde ein Wettbewerb durchgeführt, den Neuenburger Architekten mit dem Projekt «Ring» gewannen. Dieses sieht vor, auf dem Gelände Bäume zu pflanzen und für Veranstaltungen attraktiv zu machen. Die Autos sollen weiter östlich Platz finden.

Uferanlage dank Expo auch in Yverdon

Wie in Neuenburg und Biel erinnert auch in Yverdon nichts mehr an die Expo.02. Das Wahrzeichen – die Wolke «Blur» – wurde im Jahr 2004 wie vorgesehen gesprengt. Vorher hatte die Stadt Yverdon noch versucht, das architektonisch reizvolle Bauwerk zu retten und darin ein Raumfahrtmuseum einzurichten. Das Vorhaben scheiterte aber in einer Volksabstimmung.

«Die Enttäuschung war damals gross», sagte Jean-Marc Buchillier, Direktor des Verbandes zur Förderung des nördlichen Waadtlandes (ADNV). «Doch die einen wollten, dass der See nicht dauerhaft bebaut wird, andere fürchteten die Kosten.»

AMJ findet Heimat im Genfersee

Die mobile Arteplage des Kantons Jura hat auf dem Genfersee eine neue Heimat gefunden. Das Schiff liegt heute verankert vor Bouveret (VS) und dient als Veranstaltungsort. Eine Zeit lang gehörte die Barke Claude Nobs, dem Direktor des Montreux Jazzfestivals.

Nobs kaufte das Schiff an der Versteigerung von Expo-Material kurz nach dem Ende der Landesausstellung für 160'000 Franken. Für weitere 400'000 Franken wurde das 40 Meter lange Schiff zerlegt und an den Genfersee transportiert. In der Folge fanden darauf im Rahmen des Jazzfestivals einige Konzerte statt.

Neu hiess der ehemalige Kiestransporter nicht mehr Arteplage mobile du Jura (AMJ), sondern Art Mobile Jazz (AMJ). Wegen der hohen Kosten überführte Nobs das Schiff aber in eine Stiftung, an der sich auch Gemeinden aus der Umgebung beteiligten. Im Jahr 2010 kaufte es schliesslich die Gemeinde Bouveret am südöstlichen Zipfel des Genfersees für 100'000 Franken.

Das ehemalige Expo-Gelände in Yverdon-les-Bains ist bereits umgestaltet. Am Ufer des Neuenburgersees gibt es nun einen Park für Erholung, Sport und Kultur. Vor der Landesausstellung war das Ufer kaum zugänglich. Nicht zuletzt wegen der Umgestaltung des Expo-Geländes gewann Yverdon vor drei Jahren den Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes.

Murten freut sich über Bahnhof

«Das beste Überbleibsel der Landesausstellung ist der umgebaute Bahnhof», sagt die ehemalige Stadtpräsidentin von Murten, Christiane Feldmann. Vom eingeschmolzenen Monolithen ist nur noch eine der vier Verankerungen im See übrig. Diese sank im schlammigen Seeboden so tief ab, dass sie nicht mehr herausgezogen werden konnte.

Noch keinen Platz gefunden hat das Rundgemälde der Schlacht von Murten, das im Monolithen ausgestellt war. Zwar ist geplant, dass das Historische Museum in Bern das riesige Panorama dauerhaft aufhängt. Noch fehlt aber das notwendige Geld für den neuen Bau. Das Panorama zeigt, wie die Eidgenossen im Jahr 1476 gegen die Truppen des Burgunderherzogs Karl des Kühnen kämpften.

Die Expo.02 in Zahlen

Die Expo.02 dauerte vom 15. Mai bis zum 20. Oktober 2002. Auf den Arteplages wurden 39 permanente Ausstellungen gezeigt und 13'500 Konzerte und andere Darbietungen aufgeführt. Hier die Landesausstellung in Zahlen:

- 1,6 Milliarden Franken kostete die Expo.02, davon wurde 1 Milliarde Franken mit Steuergeldern bezahlt.

- 4,2 Millionen Besucher generierten 10,3 Millionen Eintritte für die Expo.02. Die Verantwortlichen hofften auf 10,5 Millionen.

- 40'900 Meter Kabel auf den Arteplages

- 13'500 Konzerte und andere Darbietungen

- 6000 Mitarbeiter

- 4800 Extra-Züge der SBB

- 579 verloren gegangene Kinder. Alle wurden wieder gefunden.

- 350 Notrufe über die SOS-Säulen auf den Arteplages, 10 davon waren missbräuchlich

- 88 gemeldete Diebstähle

- 50 Prügeleien

- 39 permanente Ausstellungen

- 30 Restaurants mit insgesamt 8500 Plätzen

- 28 kleine Brände

- 5 Bombenalarme, allesamt Fehlalarme

Dank der Expo in Murten gibt es heute übrigens die sogenannten SlowUps. An diesen Anlässen wird eine Strassenstrecke von rund 30 Kilometern für den motorisierten Verkehr gesperrt. Velofahrer und Rollerblader haben freie Fahrt. Der erste SlowUp fand im Vorfeld der Expo im Jahr 2000 rund um den Murtensee statt. In diesem Jahr finden bereits zwölf derartige Anlässe in der ganzen Schweiz statt.

Kantonstage waren beliebt und erfolgreich

Unvergesslich waren das Aargauer Bagger-Ballett oder die Bündner Steinböcke. An den Kantonstagen, die im Vorfeld kritisiert wurden, kamen mehr Menschen an die Expo.02 als an anderen Tagen. mehr...

Rückblick der Macher der Expo.02

An der Expo.02 haben viele nahmhafte Künstler, Veranstalter und Politiker mitgearbeitet. Sie alle schauten zurück und zogen Bilanz.

Schweizer Persönlichkeiten trafen sich zur Jubiläumsfeier in Biel. (Tagesschau, 11.05.2012)

(sda/horm)

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