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Eine spektakuläre, aber ruinöse Ausstellung

Freitag, 11. Mai 2012, 12:47 Uhr

Die Expo.02 zeigte auf spielerische und erfinderische Art und Weise eine helvetische Realität - und war so ruinös wie sie ambitiös war. Die Landesausstellung wurde entweder geliebt oder gehasst. Und bis sie ihre Tore öffnen konnte, mussten etliche Stolpersteine weggeräumt werden.

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«Das Ausmass des Projekts hat alle überfordert», sagte einst der künstlerische Direktor der Expo.02, Martin Heller. Er drückt damit das aus, was andere schon Jahre vor der Eröffnung als «Fass ohne Boden» bezeichneten.

Klar, die sechste Landesausstellung überraschte, provozierte und verführte – ohne in Patriotismus und Klischees zu verfallen. Sie verlieh der lokalen Wirtschaft Schwung und gab den Ausstellungsorten einen Hauch von Jugendlichkeit.

Die 4,2 Millionen Besucherinnen und Besucher erinnern sich an grossartige Efforts, an eine einnehmende Architektur und an die Magie des Vergänglichen. Es gab aber auch Misswirtschaft und finanzielle Tiefschläge.

Die Expo.02 hat schliesslich 1,6 Milliarden Franken gekostet. 900'000 Franken gingen zulasten des Bundes – sieben Mal mehr als ursprüngliche geplant.

Unzählige Stolpersteine

Dass sie doch noch zum Erfolg wurde, ist nicht selbstverständlich: Die Schweiz ging seit den 1970er Jahren schwanger mit der Idee einer neuen Landesausstellung. Doch die Ausstellung anlässlich der 700-Jahr-Feier der Schweiz 1991 kam nicht zustande.

1994 beschloss die Regierung, die «zukunftsgerichtete Landesausstellung» auch von den historischen Feierlichkeiten von im Jahr 1998 – 150 Jahre Bundesstaat, 200 Jahre Helvetische Republik – zu trennen. Die Landesausstellung, die der Schweiz «neuen Schwung und Zusammenhalt» geben sollte, wurde auf das Jahr 2001 angesetzt.

Für die Durchführung der sechsten «Landi» bewarben sich die Kantone Genf, Tessin und Neuenburg. «Die Zeit oder die Schweiz in Bewegung», nannte die Neuenburger Delegation ihr Projekt. Die Idee: Auf dem Neuenburger-, Bieler- und Murtensee sollten Pavillons kreisen und wie das Räderwerk einer Uhr ineinander greifen.

Es kam nicht ganz so, aber die Idee war lanciert. Der Bundesrat entschied sich 1995 für eine Expo am Jurasüdfuss in der Drei-Seen-Region. Das Parlament hiess ein Jahr später 130 Millionen Franken sowie eine Defizitgarantie von 20 Millionen für die Landesausstellung 2001 gut.

Personenkarussell

1997 wurde die Ökonomin und ehemalige Schwimm-Schweizermeisterin Jacqueline Fendt zur Generaldirektorin – «Madame Expo» – ernannt. Schützenhilfe sollte ihr dabei die 35-jährige St. Galler Video- und Computerkünstlerin Pipilotti Rist leisten. Sie wurde künstlerische Direktorin.

Bild Wenger und Heller nebeneinander stehend.
1999 übernahmen Nelly Wenger als technische Leiterin und Martin Heller als künstlerischer Direktor das Expo-Projekt. keystone

Während die Ideen blühten, liess das Management zu wünschen übrig. Die Geldsuche – immerhin 1,4 Milliarden Franken – erwies sich als schwierig, denn die KMU sponserten nicht im erwünschten Mass. In der Führung brodelte es; Rist trat Ende 1998 zurück. Die Managementaufgaben waren ihr über den Kopf gewachsen. Zudem starb ihre persönliche Mitarbeiterin nach einem Schwächeanfall am Arbeitsplatz.

Im August 1999 ging Fendt in eine Sitzung, «um sich entlassen zu lassen», wie sie sagte. In dieser Sackgasse gelandet, drohte die Expo zu scheitern. In dieser drastischen Zeit übernahm Nelly Wenger die technische Leitung und Martin Heller wurde künstlerischer Direktor des sinkenden Expo-Schiffs. Im grössten Tief weckte Swatch-Chef Nicolas Hayek mit einer Expertise neue Hoffnungen.

Wegweisender Entscheid

Vor die Wahl eines Abbruchs oder einer Weiterführung der Übung gestellt, entschied sich der Bundesrat für die Landesausstellung. Sie sollte aber um ein Jahr verschoben werden. Mehrere Male mussten die Eidgenössischen Räte in der Folge noch mehr Geld für das Projekt sprechen. Die Debatten wurde mit harten Bandagen geführt.

Bild Eine 100-Franken Banknote an einem Roboter-Arm.
Eine 100-Franken Banknote wurde in der Ausstellung der Schweizerischen Nationalbank «Geld und Wert – Das letzte Tabu» dem Reissrwolf zugeführt. keystone

Als die Expo.02 am 15. Mai 2002 ihre Tore öffnete, stand für die Verantwortlichen viel auf dem Spiel. Schliesslich verzeichnete die Expo.02 10,3 Millionen Eintritte.

Die Besucherinnen und Besucher waren mehrheitlich zufrieden. Vielleicht waren sie etwas auch überrascht von der geldfressenden Maschine der Nationalbank, die minütlich zwei Hunderternoten vernichtete – im Zusammenhang mit der Expo mehr als symbolisch.

(sda/horm)

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