Schweiz
«Mit der Expo.02 haben wir langanhaltende Bilder geschaffen»
Martin Heller war von 1999 bis zum Ende der Expo.02 künstlerischer Direktor der Landesausstellung. Er prägte die Arteplages wie kein anderer. Auch zehn Jahre danach spricht der gebürtige Basler mit Begeisterung von der Schau. Ja, zeigt sich Heller überzeugt, die Expo.02 war auf jeden Fall ein Erfolg.
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«SF Online»: Was ist Ihnen nach zehn Jahren Expo.02 in Erinnerung geblieben?
Martin Heller: Eine intensive und glückliche Zeit, trotz all der Kämpfe im Vorfeld. Die Arbeit für die Expo.02 war Neuland für alle Beteiligten. Wir waren ein gutes Team – und das Publikum überraschte uns.
Wie meinen Sie das?
Die Besucher waren bereit, sich auf unsere Angebote einzulassen. Dadurch entstand von Anfang an eine angenehme, heitere Atmosphäre, obschon man zuvor so viel Negatives gehört hatte. Damit ging ein grosser Wunsch in Erfüllung; wir hatten alle unsere Überlegungen konsequent auf das Publikum ausgerichtet.
Im Rückblick gesehen: War die Expo.02 ein Erfolg?
Natürlich – auf jeden Fall war die Expo.02 ein Erfolg. Allein schon rein zahlenmässig haben wir die Vorgaben erreicht. Das Publikum strömte zur Landesausstellung, und je länger die Ausstellung dauerte, desto mehr Menschen kamen. Das ist immer ein gutes Zeichen – unsere Attraktivität sprach sich herum. Erfolg hatten wir aber auch bei ausländischen Besuchern. Noch heute werde ich in Deutschland oder Österreich auf die Expo angesprochen. Offenbar konnten wir vieles nach aussen vermitteln.
War die Expo.02 vielleicht erfolgreicher als andere Landesausstellungen?
Jede Landesausstellung ist abhängig von ihrer Zeit. Mir ist die Expo von 1964, die ich als Schulkind in Lausanne besuchte, in Erinnerung geblieben. Aber die beiden Ausstellungen lassen sich nicht wirklich vergleichen. Die Expo.02 fand unter völlig anderen Voraussetzungen statt, bei ungleich grösserer Konkurrenz durch den Kulturbetrieb. Trotzdem konnten Bilder wie der Monolith in Murten oder die Wolke in Yverdon-les-Bains geschaffen werden, die im Rückblick auch nach zehn Jahren nicht alt aussehen. Wir haben erfolgreicher auf die Zukunft gesetzt, meine ich.
Bleiben wir bei den Bildern, den Sachen, die von einer Landesausstellung übrig bleiben. Bei anderen Expos ist immer etwas übrig geblieben – ich denke da zum Beispiel an den Landistuhl oder den Mesoscaph von Piccard. Weil im Seeland die Arteplages wieder zurückgebaut wurden, gibt es hier nichts. Ist das schade?
Sämtliche Landesausstellungen wurden bisher zurückgebaut – und Piccards Unterseeboot mussten wir lange suchen, um es in Murten als verrostetes, aber gerade darum würdiges Zeichen von damals zeigen zu können. Zudem ist Erinnerung nicht immer auf Greifbarkeit angewiesen. In der dicht besiedelten Schweiz finden die Landesausstellungen meist an geschützten und darum besonders schönen Orten statt. Auch deshalb kann man nicht dauerhaft bauen. Also bleiben spektakuläre Umwandlungen, und die entfalten besondere Wirkungen. So kann man den Murtensee nie mehr unschuldig anschauen, wenn man Jean Nouvels Monolithen darauf gesehen hat. Mit der Expo.02 haben wir Bilder erfunden, die in ein Gesamterlebnis eingebettet waren. Das ist ihr schönstes Vermächtnis. Diese Bilder bleiben im Kopf.
Sollte eine solche Ausstellung vergänglich sein?
Nochmals: Ausstellungen sind zwangsläufig vergänglich. Sie haben einen Anfang – und deshalb auch ein Ende. Es bleiben Bilder, Fotoalben, Bücher, Souvenirs. Mehr nicht – aber das ist viel! Man kann das durchaus mit einer Theaterproduktion vergleichen. Nach der letzten Vorstellung werden die Kostüme und das Bühnenbild entsorgt, und alle Schauspieler gehen wieder ihre Wege. Es bleibt nur die Erinnerung an grossartige Abende.
Würden Sie im Rückblick gesehen etwas anders machen?
Natürlich gäbe es einiges, das ich anders machen würde. Zum Beispiel in politischer und projekttechnischer Hinsicht – da ist man im nachhinein immer klüger. Aber wir haben in unwahrscheinlich kurzer Zeit vieles erreicht – an Kreativität war der Prozess kaum zu überbieten. Vielleicht ist solche Gewissenserforschung aber auch müssig. Zu den damals herrschenden Bedingungen haben wir vieles richtig gemacht, und dennoch müsste ein Neuanfang anders ansetzen.
Wird es wieder eine Landesausstellung geben?
Ich hoffe es! Gerade ein kleines und an der eigenen Routine leidendes Land wie die Schweiz braucht ab und an eine Landesausstellung. Als würdiges Spektakel im besten Sinne, und nicht als dumme nationalistische Hurrafeier. Andere grosse und wiederkehrende Events können eine Landesausstellung nicht ersetzen. Sie hat für alle Kulturen der Schweiz eine eminente Bedeutung – weil sie viel grösser ist als der Alltag.
Welchen Stellenwert haben heute Landesausstellungen? Es sind ja nicht mehr Ausstellungen, in denen die Besucher etwas sehen, dass sie noch nie gesehen haben.
Wer sich über den Fortschritt in der Gesellschaft informieren will, braucht dazu keine Landesausstellung. Aber den Hunger, etwas Überwältigendes, etwas beeindruckend Schönes sehen zu wollen, gibt es nach wie vor. Deshalb wirkt eine Ausstellung wie die Expo.02 über Gefühle, die der Besucher so noch nicht kennt, und über ein starkes Wir-Erlebnis. Beides ist im Internet oder anderen Medien nur bedingt zu haben, und gerade darum so kostbar.
Ein vielseitiger Kulturunternehmer
Martin Heller wurde 1952 in Basel geboren. Am Rheinknie absolvierte er auch die Hochschule für Gestaltung und Kunst. In der Öffentlichkeit bekannt wurde er 1986, als er Kurator und später dann Direktor des Museums für Gestaltung in Zürich wurde. Von 1999 bis 2003 war er künstlerischer Direktor der Expo.02. Eine weitere bekannte Station in Hellers Leben ist zwischen 2005 und 2010 die Intendanz für die Kulturhauptstadt Europas Linz 2009. Aktuell hält er eine Projektleitung für die Inhaltsplanung am Humboldt-Forum in Berlin inne.
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O. toneatti, bern
(olgar )
Verfasst am: 11.5.2012 20:36
Man sprach einmal von der EXPO02
von Kosten zwischen 30-80 Millonen Franken.... mehr
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