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CVP in der «Arena»: «Sozialhilfestreichung kein Widerspruch zum C»

Chris Faschon
Samstag, 9. Juni 2012, 0:01 Uhr

Überfüllte Asylzentren und wachsender Unmut in der Bevölkerung – Das Parlament will das Asylgesetz revidieren, um die Schweiz weniger attraktiv zu machen. Die Sozialhilfe soll gestrichen, der Familiennachzug erschwert werden und Dienstverweigerung künftig kein Asylgrund mehr sein. 45 Vorschläge debattiert das Parlament kommende Woche.

In der «Arena» diskutierten:

Silvia Schenker, Nationalrätin SP/BS

Heinz Brand, Nationalrat SVP/GR

Balthasar Glättli, Nationalrat Grüne/ZH

Philipp Müller, Präsident FDP Liberale, Nationalrat FDP Liberale/AG

Je nach Position ist die Debatte um das Asylwesen dringend notwendig oder aber überhitzt. Dies zeigte sich auch in der «Arena», bevor kommende Woche das Parlament das Thema berät. Balthasar Blättli von den Grünen wollte den Begriff «Katastrophe» nicht hören. Man habe schlicht ein logistisches Problem. Auch Silvia Schenker von der SP sprach von einer «Situation, die zu gravierend dargestellt wird». Nach den Revolutionen in Nordafrika 2011 sei die Flüchtlingswelle ausgeblieben.

«Massvolle Reduktion bei Streichung»

Von einer «neuen Eskalationsstufe» sprach hingegen Philipp Müller von der FDP. Die Zunahme von Autoeinbrüchen im Kanton Aargau sei deutlich, die meisten verübt von Asylsuchenden. Man habe «Asylsuchende, die stark zu Delinquenz neigen», sagt auch Heinz Brand von der SVP. Damit sei die Schweiz mit einer völlig neuen Situation konfrontiert. Das Land sei für Asylsuchende schlicht zu attraktiv, so Brand.

Ein Vorschlag zur Abhilfe: Die Streichung der Sozialhilfe für Asylsuchende. Damit bliebe die Nothilfe. Die Kosten in dem Bereich sind aber in den letzten Jahren um 400 Prozent gestiegen.

Der Anstieg von Nothilfebezügern und Kosten.

«Wir geben dem Asylsuchenden Sicherheit und medizinische Versorgung. Warum muss er neben dieser Nothilfe noch Sozialhilfe bekommen?», fragte Müller die politischen Gegner im Studio. Brand sprach nach einer Streichung von einer Reduktion von 12 auf 9 Franken pro Tag und Person. «Eine Reduktion wäre also massvoll.» Rückendeckung bekamen sie vom Präsidenten der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren Hans-Jürg Käser aus der zweiten Reihe.

«Schweiz ist nicht zu attraktiv»

Martin Bäumle, Präsident der GLP, stellte sich inhaltlich ebenfalls hinter dem Antrag, die Sozialhilfe zu streichen. Und Ruth Humbel, Nationalrätin CVP/AG, sah auch auf Rückfrage «kein Problem mit dem C, wenn man die Sozialhilfe streicht». Es gebe nun mal Exzesse und Kriminalität.

Die Sozialhilfekonferenz ist gegen eine Streichung, weil damit ein Mittel zur Bestrafung wegfallen würde. Bernhard Guhl, Nationalrat BDP/AG, sieht «die Gefahr zur Beschaffungskriminalität steigend, wenn die Asylbewerber weniger Geld bekommen».

Aus der zweiten Reihe im Studio äusserte sich auch Beat Meiner von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Er liess ein Grundsatzargument nicht gelten: «Seit 30 Jahren wird gesagt, die Schweiz sei zu attraktiv. Hat jemand etwas davon gemerkt, dass weniger Flüchtlinge kamen, seit die Schweiz unattraktiver wird?»

Sonderfall Eritrea

Brand reagierte forsch auf den Vorwurf der Ineffizienz. «Wer abgewiesen wird, ist illegal im Land. Es ist doch schizophren, dann noch jahrelang Nothilfe zu bezahlen.» Allerdings könne die Nothilfe nach einem Negativ-Entscheid laut Verfassung nicht gestrichen werden. Nothilfe wird per Definition «zur Überbrückung einer Notlage» ausbezahlt.

Brand sprach von einer «nicht vernachlässigbaren Minderheit» Krimineller.

Als Schenker darauf hinwies, dass nur eine Minderheit durch illegales Verhalten auffalle, stellte Brand klar, dass aus seiner Warte «diese Minderheit mit Mitteln des Strafrechts nicht in den Griff zu bekommen» sei.

Ein eigenes Problem ergibt sich mit Flüchtlingen aus Eritrea. Wehrdienstverweigerer aus Eritrea können laut Gesetz nicht zurückgeschickt werden, weil das Land zu unsicher ist. Ein Vorschlag sähe vor, dass Flüchtlinge aus Eritrea ihre Familien nicht nachziehen könnten. Glättli sprach von einem gefährlichen Paradigmenwechsel in einer Situation, wo man das «Glück echter Flüchtlinge» habe.

Glättli sprach vom «Glück» vieler echter Flüchtlinge.

Wer als Eritreer gelten könne, wurde im Studio aber bezweifelt. Bäumle von der GLP sprach von möglichen anderen Nationalitäten, die sich als Eritreer ausgäben. Zudem sei völlig unklar, ob sie im Falle der Staatsbürgerschaft wirklich Dienstverweigerer seien. Brand sprach davon, selbst bei sicherer Nationalität sei unklar, ob die Personen nicht schon jahrelang im benachbarten Ausland gelebt hätten.