Energiewende:Atomausstieg lockt französische Forscher an
Pläne für ein Ende der Kernkraft hegt Frankreich bekanntermaßen nicht. Wie ohne Atomstrom auszukommen wäre, interessiert den französischen Elektrokonzern aber brennend - er baut deshalb seine Forschungsabteilung in Deutschland aus.
von Leo KlimmParis
Der französische Spezialist für Energiemanagement Schneider Electric macht Deutschland zu seinem Zukunftslabor. "Wir werden Forschung und Entwicklung in Deutschland substanziell hochfahren", sagte Schneider-Electric-Chef Jean-Pascal Tricoire im Gespräch mit deutschen Journalisten. Die drei deutschen Forschungszentren mit heute 500 Mitarbeitern sollten ausgebaut oder um ein viertes ergänzt werden, um von der Energiewende zu profitieren.
Das Atomkraft Brunsbüttel wurde bereits im Zude der Energiewende stillgelegt
Tricoire sieht die mit dem Atomausstieg verbundene Notwendigkeit höherer Energieeffizienz als Chance, die eigenen Technologien zu entwickeln und zu verkaufen. Deutschland werde zum Versuchsterrain für Zukunftsmärkte in Schwellenländern, die ihren Wohlstand angesichts knapper und teurer werdender Ressourcen mit weniger Energieverbrauch aufbauen müssten, so Tricoire.
Dank der Energiewende bekommt Deutschland damit für den wenig bekannten, aber 22,4 Mrd. Euro erlösenden Traditionskonzern eine zentrale Rolle. In den vergangenen fünf Jahren hatte er durch Übernahmen von Mittelständlern seine Größe in Deutschland - dem viertgrößten Absatzmarkt nach China, den USA und Frankreich - schon verdreifacht. Der Rivale von Siemens und ABB zählt nun hierzulande 5000 Mitarbeiter und setzt 1 Mrd. Euro um. Forschungszentren stehen in Regensburg, dem fränkischen Marktheidenfeld und in Wiehl bei Köln.
Der einstmals klassische Elektronikanbieter profitiert von globalen Trends wie der Urbanisierung und Industrialisierung der Schwellenländer und der Digitalisierung der Wirtschaft. Unter anderem baut Schneider Komponenten von Industrierobotern im Maschinenbau, Stromsparsysteme für IT-Firmen und Software zur Steuerung von Verkehrsflüssen.
Trotz der günstigen Marktposition schwächt sich das stürmische Wachstum der vergangenen Jahre - das auch von Milliardenkäufen wie dem des Konkurrenten Telvent befeuert wurde - inzwischen ab. "Wir spüren die Abkühlung der Weltwirtschaft", räumte Tricoire ein. "Aber unser Wachstum wird signifikant bleiben." Im ersten Quartal hatten die Schneider-Erlöse nur noch dank der Zukäufe zugelegt, die Gewinnmarge dürfte in diesem Jahr nur stabil bleiben - auf dem hohen Niveau von gut 14 Prozent.
"Die Energiewende wird nicht einfach", sagte Tricoire zu den deutschen Plänen. Die Risiken von Stromengpässen könnten aber durch mehr Selbstversorgung von Firmen und Haushalten und den Aufbau sogenannter Smart Grids verringert werden - beides Spezialitäten der Franzosen. Unter Smart Grids versteht man die Angleichung des Energieverbrauchs an das aktuelle Angebot. So sollen Verbrauchsspitzen vermieden werden, wenn Energiequellen wie Wind und Sonne zu wenig Strom liefern. "Es ist nicht nötig, das Stromnetz komplett zu überholen", so Tricoire. Er hoffe auf mehr Geschäft mit Konzernen wie Eon und mit Stadtwerken. Schneider sei weiter "offen für Übernahmen", die Eingliederung der jüngsten Zukäufe habe aber Priorität.
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